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The Rudolf Steiner Archive

a project of Steiner Online Library, a public charity

Posthumous Essays and Fragments
1879-1924
GA 46

From Notebook 23, undated, circa 1917.

Automated Translation

89. Knowledge of the Body and Knowledge of the Spirit

The general education of the present time has brought the knowledge of the body to a high level – the knowledge of the spiritual has not progressed equally. However, if this unconscious does not penetrate into consciousness, then all human life remains an illusion.

But it does enter: 1.) In the free concept, which is a spiritual one – to which nothing else corresponds but itself – if it could not actualize itself, then nothing would actualize it.

2.) In sense perception, for which I have nothing within me; if I could not experience the external world through myself, I would have no experience at all. Therefore, the judgment can only be experienced, not proven. But therefore, there is also no sharp boundary between feeling and will for the inner self (Brentano) – the judgment simply connects the body to the external world; the will connects it to the spiritual world.

The soul experiences in the imagination what it has become; in the will, what it is to become. I can only imagine what I can imagine by virtue of my body; I will what the spirit predisposes in me. The will that works in the imagination is soul; the imagination that works in the will is soul; that will is corporeal; this imagination is spiritual.

The body is will-bearing matter. The soul is the spirit that acts upon perception.

Actual perception arises when unconscious matter meets with corporeal matter in sensory perception. Actual will arises when the conscious soul meets with the spirit that acts upon perception in the voluntary decision.

In the very general concept, the body immediately reveals a spiritual aspect.

In the material process, which corresponds to a volitional impulse, the spirit immediately reveals itself materially.

No matter how much one may resist it, the mathematical judgments are revelations of the substance. And likewise, the chemical processes of the organism are spiritual: in mathematics, the substance is so spiritual that we no longer notice it. In digestion, the spirit is so material that we no longer notice it either.

In ordinary feeling, the imagination and the will meet in such a way that they harmonize.

In pain, the imagination cannot find a will equal to it. In pleasure (joy), the imagination lags behind the will.

Pessimism arises from a lack of imagination. Optimism is a sign of a wealth of imagination. The average thinker discusses pessimism. The humanities scholar takes it as a sign of a lack of imagination. And he finds that pessimism is rooted in a body that is not sufficiently spiritually active. He regards optimism as a sign of a body that is so well formed that it reflects the will. —

Does man really perceive nothing spiritual? Or has he been educated only to forbid himself to recognize the spiritual? —

Whether the spirit in the universe also works directly materially?

Whether the material directly reveals itself spiritually?

That is, whether man can will something that is not merely earthly? “My kingdom is not of this world”.

Whether the spirit accomplishes something that shows the extraterrestrial? “I and the Father are one”.

Many religions - could the “second coming” reconcile them? If it became clear to others that the Christ is just as universally human as the sun. — The Jesus mystery would have to be individual, the Christ mystery could then become universal. Detachment of the Christ from a particular religious form. Seeing the essential in a spiritual event. Not to convert, but to share. — The peoples who have embraced Christianity needed it as a counterweight to their materialism. Those who have not accepted it have not needed it – those who are of the earth will not understand each other; those who are of the sky will. “What is the Christ to us? The same one from whom you have your religion. To you he gave it from the extraterrestrial. To us in the earthly. He revealed himself to you as Father, to us as Son. If they are one, then we are one.” The heresy of filioque.

89. Leibeserkenntnis und Geisterkenntnis

Die allgemeine Bildung der Gegenwart hat die LeibesErkenntnis auf eine hohe Stufe gebracht -; die Erkenntnis des Geistigen ist nicht gleichmäßig fortgeschritten — man hat zum «Unbewussten» gegriffen, um den «Geist» zu retten. Doch wenn dieses «Unbewusste» nirgends in das Bewusstsein hereinragt, so bleibt alles menschliche Leben «Illusion».

Aber es ragt herein: 1.) Im freien Begriffe, der ein Geistiges ist - dem nichts anderes als es selbst entspricht -, könnte er sich nicht selbst verwirklichen, so würde ihn nichts verwirklichen.

2.) In der Sinnesempfindung, für die ich nichts in mir habe; könnte ich da die Außenwelt nicht durch mich erleben, so hätte ich eben kein Erlebnis - daher ist das Urteil nur zu erleben, nicht zu beweisen -, daher ist aber auch für das Innere keine scharfe Grenze zwischen Gefühl und Wille (Brentano) — das Urteil schaltet eben den Leib in die Außenwelt ein; der Wille schaltet ihn in die geistige Welt ein.

Die Seele erlebt in der Vorstellung das, was sie geworden ist; im Willen das, was sie werden soll - ich kann nur vorstellen, was ich Kraft meines Leibes vorstellen kann; ich will dasjenige, was in mir der Geist veranlagt. - Der Wille, der in der Vorstellung wirkt, ist Seele -; die Vorstellung, die in dem Willen wirkt, ist Seele -; jener Wille ist leiblich; diese Vorstellung ist geistig.

Der Leib ist willentragende Materie. Die Seele ist vorstellungwirkender Geist.

Die eigentliche Vorstellung entsteht, wenn sich die bewusstlose Materie mit der leiblichen trifft in der Sinnesempfindung. Der eigentliche Wille entsteht, wenn sich die bewusste Seele mit dem vorstellungwirkenden Geist trifft in dem freiwilligen Entschluss.

In dem ganz allgemeinen Begriff offenbart der Körper unmittelbar ein Geistiges.

In dem Stoffvorgang, welcher einem Willensimpuls entspricht, offenbart sich der Geist unmittelbar stofflich.

Man mag sich sträuben, wie man will: Die mathematischen Urteile sind Offenbarungen des Stoffes. Und ebenso: Die chemischen Vorgänge des Organismus sind geistig: In der Mathematik ist der Stoff so geistig, dass wir ihn nicht mehr bemerken. In der Verdauung ist der Geist so stofflich, dass wir ihn auch nicht mehr bemerken.

Im gewöhnlichen Gefühl begegnen sich die Vorstellung und der Wille so, dass sie harmonisieren. —

Im Schmerz kann die Vorstellung nicht den ihr ebenbürtigen Willen finden. In der Lust (Freude) ist die Vorstellung hinter dem Willen zurückbleibend.

Der Pessimismus entspringt aus der Vorstellungsarmut. - Der Optimismus ist ein Zeichen von Vorstellungsreichtum. Der gewöhnliche Denker diskutiert über den Pessimismus. Der Geisteswissenschafter nimmt ihn als Zeichen für die Vorstellungsarmut. Und er findet, dass in einem nicht genug geistig wirkenden Leib der Pessimismus wurzelt. Den Optimismus sieht er als Zeichen eines Leibes an, der so wohlgebildet ist, dass er das Willenswesen spiegelt. —

Nimmt der Mensch wirklich nichts Geistiges wahr? Oder hat er sich nur so erzogen, dass er sich verbietet, das Geistige anzuerkennen? —

Ob der Geist im Weltenall auch unmittelbar stofflich wirkt?

Ob sich der Stoff unmittelbar geistig offenbart?

D.h., ob der Mensch etwas wollen kann, was nicht bloß im Irdischen ist? «Mein Reich ist nicht von dieser Welt».

Ob der Geist etwas vollbringt, was das Außerirdische zeigt? «Ich und der Vater sind Eins».

Viele Religionen - Könnte die «Wiederkunft» sie versöhnen? Wenn den andern klar würde, dass der Christus ebenso allgemein-menschlich ist wie die Sonne. — Das Jesus Mysterium müsste individuell sein, das Christus Mysterium könnte dann allgemein werden. Loslösung des Christus von einer besonderen Religions- Form. In einem geistigen Ereignis das Wesentliche sehen. Nicht bekehren, sondern gegenseitig mitteilen. — Die Völker, die zum Christentum sich bekannt haben, brauchten dieses als Gegengewicht gegen ihren Materialismus. Die es nicht angenommen haben, brauchten es nicht -; die von der Erde sind, werden sich nicht verständigen; die von oben sind, werden es. «Was ist uns der Christus. Derselbe, von dem ihr eure Religion habt. Euch hat er sie gegeben aus dem Außerirdischen. Uns im Irdischen. Euch offenbarte er sich als Vater, uns als Sohn. Sind sie Eins, so sind wir Eins.» Die Ketzerei filioque.