Goethes Naturwissenschaftliche Schriften
GA 1
17. Goethe gegen den Atomismus
[ 1 ] Es ist heute viel die Rede von der fruchtbaren Entwicklung der Naturwissenschaften im neunzehnten Jahrhundert. Ich glaube, man kann mit Recht nur von bedeutungsvollen naturwissenschaftlichen Erfahrungen sprechen, die gemacht worden sind, und von einer Umgestaltung der praktischen Lebensverhältnisse durch diese Erfahrungen. Was aber die Grundvorstellungen betrifft, durch welche die moderne Naturanschauung die Erfahrungswelt zu begreifen sucht, so halte ich diese für ungesund und einem energischen Denken gegenüber für unzulänglich. Ich habe mich darüber bereits auf S. 258ff. dieser Schrift ausgesprochen. In jüngster Zeit hat nun ein namhafter Naturforscher der Gegenwart, der Chemiker Wilhelm Ostwald dieselbe Ansicht geäußert. 102«Die Überwindung des wissenschaftlichen Materialismus»; Vortrag,gehalten in der 3. allgemeinen Sitzung der Versammlung der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte zu Lübeck am 20. 9. 1895; Leipzig 1895. - Dies ist kurze Zeit, nachdem die betreffenden Äußerungen Ostwalds gemacht worden sind, geschrieben. Er sagt: «Vom Mathematiker bis zum praktischen Arzt wird jeder naturwissenschaftlich denkende Mensch auf die Frage, wie er sich die Welt «im Innern» gestaltet denkt, seine Ansicht dahin zusammenfassen, daß die Dinge sich aus bewegten Atomen zusammensetzen, und daß diese Atome und die zwischen ihnen wirkenden Kräfte die letzten Realitäten seien, aus denen die einzelnen Erscheinungen bestehen. In hundertfältigen Wiederholungen kann man diesen Satz hören und lesen, daß für die physikalische Welt kein anderes Verständnis gefunden werden kann, als indem man sie auf «Mechanik der Atome» zurückführt; Materie und Bewegung erscheinen als die letzten Begriffe, auf welche die Mannigfaltigkeit der Naturerscheinungen bezogen werden muß. Man kann diese Auffassung den wissenschaftlichen Materialismus nennen.» Ich habe in dieser Schrift S. 258ff. gesagt, daß die modernen physikalischen Grundanschauungen unhaltbar sind. Dasselbe spricht Ostwald (S. 6. seines Vortrages) mit folgenden Worten aus: «Daß diese mechanistische Weltansicht den Zweck nicht erfüllt, für den sie ausgebildet worden ist; daß sie mit unzweifelhaften und allgemein bekannten und anerkannten Wahrheiten in Widerspruch tritt.» Die Übereinstimmung der Ausführungen Ostwalds und der meinigen geht noch weiter. Ich sage (S. 274 dieser Schrift): «Das sinnenfällige Weltbild ist die Summe sich metamorphosierender Wahrnehmungsinhalte ohne eine zugrunde liegende Materie.» Ostwald sagt (S. 12 f.): «Wenn wir uns aber überlegen, daß alles, was wir von einem bestimmten Stoffe wissen, die Kenntnis seiner Eigenschaften ist, so sehen wir, daß die Behauptung, es sei ein bestimmter Stoff zwar noch vorhanden, hätte aber keine von seinen Eigenschaften mehr, von einem reinen Nonsens nicht sehr weit entfernt ist. Tatsächlich dient uns diese rein formelle Annahme nur dazu, die allgemeinen Tatsachen der chemischen Vorgänge, insbesondere die stöchiometrischen Massengesetze, mit dem willkürlichen Begriffe einer an sich unveränderten Materie zu vereinigen.» Und S. 256 dieser Schrift ist zu lesen: «Diese Erwägungen sind es, die mich dazu zwangen, jede Theorie der Natur, die prinzipiell über das Gebiet der wahrgenommenen Welt hinausgeht, als unmöglich abzulehnen und lediglich in der Sinnenwelt das einzige Objekt der Naturwissenschaft zu suchen.» Das Gleiche finde ich in Ostwalds Vortrag ausgesprochen auf S. 25 und 22: «Was erfahren wir denn von der physischen Welt? Offenbar nur das, was uns unsere Sinneswerkzeuge davon zukommen lassen.» «Realitäten, aufweisbare und meßbare Größen miteinander in bestimmte Beziehung zu setzen, so daß, wenn die einen gegeben sind, die anderen gefolgert werden können, das ist die Aufgabe der Wissenschaft und sie kann nicht durch Unterlegung irgendeines hypothetischen Bildes, sondern nur durch Nachweis gegenseitiger Abhängigkeitsbeziehungen meßbarer Größen gelöst werden.» Wenn man davon absieht, daß Ostwald im Sinne eines Naturforschers der Gegenwart spricht, und deshalb in der Sinnenwelt nichts als aufweisbare und meßbare Größen sieht, so entspricht seine Ansicht vollständig der meinigen, wie ich sie z. B. in dem Satze (S. 299) ausgesprochen habe: «Die Theorie muß sich auf das.. Wahrnehmbare erstrecken und innerhalb desselben die Zusammenhänge suchen.»
[ 2 ] Ich habe in meinen Ausführungen über Goethes Farbenlehre den gleichen Kampf gegen die naturwissenschaftlichen Grundvorstellungen der Gegenwart geführt wie Prof. Ostwald in seinem Vortrage «Die Überwindung des wissenschaftlichen Materialismus». Was ich an die Stelle dieser Grundvorstellungen gesetzt habe, stimmt allerdings nicht überein mit den Aufstellungen Ostwalds. Denn dieser geht, wie ich weiter unten zeigen werde, von denselben oberflächlichen Voraussetzungen aus wie seine Gegner, die Anhänger des wissenschaftlichen Materialismus. Ich habe auch ausgeführt, daß die Grundvorstellungen der modernen Naturanschauung die Ursache der ungesunden Beurteilung sind, die Goethes Farbenlehre erfahren hat und noch fortwährend erfährt.
[ 3 ] Ich möchte nun etwas genauer mich mit der modernen Naturanschauung auseinandersetzen. Aus dem Ziel, das sich diese Naturanschauung gesetzt hat, suche ich zu erkennen, ob sie eine gesunde ist oder nicht.
[ 4 ] Nicht mit Unrecht hat man die Grundformel, nach der die moderne Naturanschauung die Welt der Wahrnehmungen beurteilt, in den Worten des Descartes gesehen: «Ich finde, wenn ich die körperlichen Dinge näher prüfe, daß darin sehr wenig enthalten ist, was ich klar und deutlich einsehe, nämlich die Größe, oder die Ausdehnung in Länge, Tiefe, Breite, die Gestalt, die von der Endigung dieser Ausdehnung herrührt, die Lage, welche die verschieden gestalteten Körper unter sich haben, und die Bewegung oder Änderung dieser Lage, welchen man die Substanz, die Dauer und Zahl hinzufügen kann. Was die übrigen Sachen betrifft, wie das Licht, die Farben, die Töne, Gerüche, Geschmacksempfindungen, Wärme, Kälte und die sonstigen, dem Tastsinn spürbaren Qualitäten (Glätte, Rauheit), so treten sie in meinem Geiste mit solcher Dunkelheit und Verworrenheit auf, daß ich nicht weiß, ob sie wahr oder falsch sind, d. h. ob die Ideen, die ich von diesen Gegenständen fasse, in der Tat die Ideen von irgendwelchen reellen Dingen sind, oder ob sie nur chimärische Wesen vorstellen, die nicht existieren können.» Im Sinne dieses Des-cartesschen Satzes zu denken, ist den Bekennern der modernen Naturanschauung in einem solchen Grade zur Gewohnheit geworden, daß sie jede andere Denkweise kaum der Beachtung wert finden. Sie sagen: Was als Licht wahrgenommen wird, wird durch einen Bewegungsvorgang bewirkt, der durch eine mathematische Formel ausgedrückt werden kann. Wenn eine Farbe in der Erscheinungswelt auftritt, führen sie diese zurück auf eine schwingende Bewegung und berechnen die Zahl der Schwingungen in einer bestimmten Zeit. Sie glauben, die ganze Sinnenwelt werde erklärt sein, wenn gelungen sein wird, alle Wahrnehmungen auf Verhältnisse zurückzuführen, die in solchen mathematischen Formeln sich aussprechen lassen. Ein Geist, der eine solche Erklärung geben könnte, hätte nach Ansicht dieser Naturgelehrten das Äußerste erreicht, was dem Menschen in bezug auf Erkenntnis der Naturerscheinungen möglich ist. Du Bois-Reymond, ein Repräsentant dieser Gelehrten, sagt von einem solchen Geiste: Ihm «wären die Haare auf unserem Haupte gezählt, und ohne sein Wissen fiele kein Sperling zur Erde». («Über die Grenzen des Naturerkennens», [5. Aufl., Leipzig 1882] S. 13.) Die Welt zu einem Rechenexempel zu machen, ist das Ideal der modernen Naturanschauung.
[ 5 ] Da ohne das Vorhandensein von Kräften die Teile der angenommenen Materie niemals in Bewegung geraten würden, so nehmen die modernen Naturgelehrten auch die Kraft unter die Elemente auf, aus denen sie die Welt erklären, und Du Bois-Reymond sagt: «Naturerkennen.. ist Zurückführen der Veränderungen in der Körperwelt auf Bewegungen von Atomen, die durch deren von der Zeit unabhängige Zentralkräfte bewirkt werden, oder Auflösung der Naturvorgänge in Mechanik der Atome.» [a. a. 0., S. 10] Durch die Einführung des Kraftbegriffs geht die Mathematik in die Mechanik über. Die Philosophen von heute 103Dies ist im Beginne der neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts geschrieben. Was darüber heute zu sagen ist, darüber* [vgl. Anm. S.21]. stehen so sehr unter dem Einfluß der Naturgelehrten, daß sie allen Mut zu selbständigem Denken verloren haben. Sie nehmen die Aufstellungen der Naturgelehrten rückhaltlos an. Einer der angesehensten deutschen Philosophen, W. Wundt, sagt in seiner «Logik» («Logik. [Eine Untersuchung der Prinzipien der Erkenntnis und die Methoden wissenschaftlicher Forschung]», II. Bd. [Methodenlehre], 1. Abt., [2. Aufl., Stuttgart 1894], S. 266): «Mit Rücksicht.. und in Anwendung des Grundsatzes, daß wegen der qualitativen Unveränderlichkeit der Materie alle Naturvorgänge in letzter Instanz Bewegungen sind, betrachtet man als das Ziel der Physik ihre vollständige Überführung in .. angewandte Mechanik. »
[ 6 ] Du Bois-Reymond findet: «Es ist eine psychologische Erfahrungstatsache, daß, wo solche Auflösung (der Naturvorgänge in Mechanik der Atome) gelingt, unser Kausalitätsbedürfnis vorläufig sich befriedigt fühlt.» [a. a. 0., S. 10] Das mag für Du Bois-Reymond eine Erfahrungstatsache sein. Aber es muß gesagt werden, daß es noch andere Menschen gibt, die sich durch eine banale Erklärung der Körperwelt - wie Du Bois-Reymond sie im Auge hat -durchaus nicht befriedigt fühlen.
[ 7 ] Zu diesen anderen Menschen gehört Goethe. Wessen Kausalitätsbedürfnis befriedigt ist, wenn es ihm gelungen ist, die Naturvorgänge auf Mechanik der Atome zurückzuführen, dem fehlt das Organ, um Goethe zu verstehen.
2.
[ 8 ] Größe, Gestalt, Lage, Bewegung, Kraft usw. sind genau in demselben Sinne Wahrnehmungen wie Licht, Farben, Töne, Gerüche, Geschmacksempfindungen, Wärme, Kälte usw. Wer die Größe eines Dinges von seinen übrigen Eigenschaften absondert und für sich betrachtet, der hat es nicht mehr mit einem wirklichen Dinge, sondern mit einer Abstraktion des Verstandes zu tun. Es ist das Widersinnigste, das sich denken läßt, einem von der sinnlichen Wahrnehmung abgezogenen Abstraktum einen andern Grad von Realität zuzuschreiben als einem Dinge der sinnlichen Wahrnehmung selbst. Die Raum- und Zahlverhältnisse haben von den übrigen Sinneswahrnehmungen nichts voraus als ihre größere Einfachheit und leichtere Überschaubarkeit. Auf dieser Einfachheit und Überschaubarkeit beruht die Sicherheit der mathematischen Wissenschaften. Wenn die moderne Naturanschauung alle Vorgänge der Körperwelt auf mathematisch und mechanisch Ausdrückbares zurückführt, so beruht dies darauf, daß das Mathematische und Mechanische für unser Denken leicht und bequem zu handhaben ist. Und das menschliche Denken neigt zur Bequemlichkeit. Man kann das gerade an Ostwalds oben erwähntem Vortrage sehen. Dieser Naturgelehrte will an Stelle von Materie und Kraft die Energie setzen. Man höre: «Welches ist die Bedingung, damit eines unserer (Sinnes-) Werkzeuge sich betätigt? Wir mögen die Sache wenden, wie wir wollen, wir finden nichts Gemeinsames, als das: Die Sinneswerkzeuge reagieren auf Energieunterschiede zwischen ihnen und der Umgebung. In einer Welt, deren Temperatur überall die unseres Körpers wäre, würden wir auf keine Weise etwas von der Wärme erfahren können, ebenso wie wir keinerlei Empfindung von dem konstanten Atmosphärendrucke haben, unter dem wir leben; erst wenn wir Räume anderen Druckes herstellen, gelangen wir zu seiner Kenntnis.» (S. 2Sf. des Vortrags.) Und weiter (S. 29): «Denken Sie sich, Sie bekämen einen Schlag mit einem Stocke! Was fühlen Sie dann, den Stock oder seine Energie? Die Antwort kann nur eine sein: die Energie. Denn der Stock ist das harmloseste Ding von der Welt, solange er nicht geschwungen wird. Aber wir können uns auch an einem ruhenden Stocke stoßen! Ganz richtig: was wir empfinden, sind, wie schon betont, Unterschiede der Energiezustände gegen unsere Sinnesapparate, und daher ist es gleichgültig, ob sich der Stock gegen uns oder wir uns gegen den Stock bewegen. Haben aber beide gleiche und gleichgerichtete Geschwindigkeit, so existiert der Stock für unser Gefühl nicht mehr, denn er kann nicht mit uns in Berührung kommen und einen Energieaustausch bewerkstelligen.» Diese Auslassungen beweisen, daß Ostwald die Energie aus dem Gebiete der Wahrnehmungswelt aussondert, d. h. von allem, was nicht Energie ist, abstrahiert. Er führt alles Wahrnehmbare auf eine einzige Eigenschaft des Wahrnehmbaren, auf die Äußerung von Energie, also auf einen abstrakten Begriff zurück. Die Befangenheit Ostwalds in den naturwissenschaftlichen Gewohnheiten der Gegenwart ist deutlich erkennbar. Auch er könnte, wenn er gefragt würde, zur Rechtfertigung seines Verfahrens nichts anführen, als daß es für ihn eine psychologische Erfahrungstatsache ist, daß sein Kausalitätsbedürfnis befriedigt ist, wenn er die Naturvorgänge in Äußerungen der Energie aufgelöst hat. Es ist im Wesen gleichgültig: ob Du Bois-Reymond die Naturvorgänge in Mechanik der Atome, oder Ostwald in Energieäußerungen auflöst. Beides entspringt der Neigung des menschlichen Denkens zur Bequemlichkeit.
[ 9 ] Ostwald sagt am Schlusse seines Vortrags (S. 34): «Ist die Energie, so notwendig und nützlich sie auch zum Verständnis der Natur ist, auch zureichend für diesen Zweck (nämlich die Erklärung der Körperwelt)? Oder gibt es Erscheinungen, welche durch die bisher bekannten Gesetze der Energie nicht vollständig dargestellt werden können? . . . Ich glaube der Verantwortlichkeit, die ich heute durch meine Darlegung Ihnen gegenüber eingenommen habe, nicht besser gerecht werden zu können, als wenn ich hervorhebe, daß diese Frage mit Nein zu beantworten ist. So immens die Vorzüge sind, welche die energetische Weltauffassung vor der mechanistischen oder materialistischen hat, so lassen sich schon jetzt, wie mir scheint, einige Punkte bezeichnen, welche durch die bekannten Hauptsätze der Energetik nicht gedeckt werden, und welche daher auf das Vorhandensein von Prinzipien hinweisen, die über diese hinausgehen. Die Energetik wird neben diesen neuen Sätzen bestehen bleiben. Nur wird sie künftig nicht, wie wir sie noch heute ansehen müssen, das umfassendste Prinzip für die Bewältigung der natürlichen Erscheinungen sein, sondern wird voraussichtlich als ein besonderer Fall noch allgemeinerer Verhältnisse erscheinen, von deren Form wir zurzeit allerdings kaum eine Ahnung haben.»
3.
[ 10 ] Würden unsere Naturgelehrten auch Schriften von Leuten lesen, die außerhalb ihrer Gilde stehen, so hätte Prof. Ostwald eine Bemerkung wie diese nicht machen können. Denn ich habe bereits 1891, in der erwähnten Einleitung der Goetheschen Farbenlehre, ausgesprochen, daß wir von solchen «Formen» allerdings eine Ahnung und mehr als eine solche haben können, und daß in dem Ausbau der naturwissenschaftlichen Grundvorstellungen Goethes die Aufgabe der Naturwissenschaft der Zukunft liegt.
[ 11 ] So wenig wie die Vorgänge der Körperwelt sich in Mechanik der Atome, so wenig lassen sie sich in Energieverhältnisse «auflösen». Durch ein solches Verfahren wird nichts weiter erreicht, als daß die Aufmerksamkeit von dem Inhalt der wirklichen Sinnenwelt abgelenkt, und einem unwirklichen Abstraktum zugewendet wird, dessen ärmlicher Fond von Eigenschaften doch auch nur aus derselben Sinnenwelt entnommen ist. Man kann nicht die eine Gruppe von Eigenschaften der Sinnenwelt: Licht, Farben, Töne, Gerüche, Geschmäcke, Wärmeverhältnisse usw. dadurch erklären, daß man sie «auflöst» in die andere Gruppe von Eigenschaften derselben Sinnenwelt: Größe, Gestalt, Lage, Zahl, Energie usw. Nicht «Auflösung» der einen Art von Eigenschaften in die andere kann Aufgabe der Naturwissenschaft sein, sondern Aufsuchung von Beziehungen und Verhältnissen zwischen den wahrnehmbaren Eigenschaften der Sinnenwelt. Wir entdecken dann gewisse Bedingungen, unter denen eine Sinneswahrnehmung die andere notwendig nach sich zieht. Wir finden, daß zwischen gewissen Erscheinungen ein intimerer Zusammenhang be- steht als zwischen anderen. Wir verknüpfen die Erscheinungen dann nicht mehr in der Weise, wie sie sich der zufälligen Beobachtung darbieten. Denn wir erkennen, daß gewisse Zusammenhänge von Erscheinungen notwendig sind. Ihnen gegenüber sind andere Zusammenhänge zufällig. Notwendige Zusammenhänge von Erscheinungen nennt Goethe Urphänomene.
[ 12 ] Der Ausdruck eines Urphänomens besteht immer darin, daß man von einer bestimmten sinnlichen Wahrnehmung sagt, sie rufe notwendig eine andere hervor. Dieser Ausdruck ist das, was man ein Naturgesetz nennt. Wenn man sagt: «Durch Erwärmung wird ein Körper ausgedehnt», so hat man einen notwendigen Zusammenhang von Erscheinungen der Sinnenwelt (Wärme, Ausdehnung) zum Ausdrucke gebracht. Man hat ein Urphänomen erkannt und es in Form eines Naturgesetzes ausgesprochen. Die Urphänomene sind die von Ostwald gesuchten Formen für die allgemeinsten Verhältnisse der unorganischen Natur.
[ 13 ] Die Gesetze der Mathematik und Mechanik sind ebenso nur Ausdrücke von Urphänomenen wie die Gesetze, die andere sinnliche Zusammenhänge in eine Formel bringen. Wenn G. Kirchhoff sagt: Die Aufgabe der Mechanik ist: «Die in der Natur vor sich gehenden Bewegungen vollständig und auf die einfachste Weise zu beschreiben», so irrt er. Die Mechanik beschreibt die in der Natur vor sich gehenden Bewegungen nicht bloß auf die einfachste Weise und vollständig, sondern sie sucht gewisse notwendige Bewegungsvorgänge auf, die sie aus der Summe der in der Natur vor sich gehenden Bewegungen heraushebt, und spricht diese notwendigen Bewegungsvorgänge als mechanische Grundgesetze aus. Es muß als ein Gipfel der Gedankenlosigkeit bezeichnet werden, daß der Kirchhoffsche Satz immer und immer wieder als etwas besonders Bedeutendes angeführt wird, ohne Gefühl davon, daß die Aufstellung des einfachsten Grundgesetzes der Mechanik ihn widerlegt.
[ 14 ] Das Urphänomen stellt einen notwendigen Zusammenhang von Elementen der Wahrnehmungswelt dar. Es kann deshalb kaum etwas Unzutreffenderes gesagt werden, als was H. Helmholtz in seiner Rede auf der Weimarer Goethe Versammlung vom 11. Juni 1892 vorgebracht hat: «Es ist zu bedauern, daß Goethe zu jener Zeit die von Huyghens schon aufgestellte Undulationstheorie des Lichtes nicht gekannt hat; diese würde ihm ein viel richtigeres und anschaulicheres ˂Urphänomen˃ an die Hand gegeben haben, als der dazu kaum geeignete und sehr verwickelte Vorgang, den er sich in den Farben trüber Medien zu diesem Ende wählte.» 104H. L. F. v. Helmholtz, Goethes Vorahnungen kommender wissenschaftlicher Ideen usw.; Berlin 1892, S. 34.
[ 15 ] Also die unwahrnehmbaren Undulationsbewegungen, die zu den Lichterscheinungen von den Bekennern der modernen Naturanschauung hinzu gedacht werden, sollen Goethe ein viel richtigeres und anschaulicheres «Urphänomen» an die Hand gegeben haben, als der keineswegs verwickelte, sondern sich vor unseren Augen abspielende Prozeß, der darin besteht, daß Licht durch ein trübes Mittel gesehen gelb, Finsternis durch ein erhelltes Mittel gesehen blau erscheint. Die «Auflösung» der sinnlich wahrnehmbaren Vorgänge in unwahrnehmbare mechanische Bewegungen ist den modernen Physikern so sehr zur Gewohnheit geworden, daß sie gar keine Ahnung davon zu haben scheinen, daß sie ein Abstraktum an die Stelle der Wirklichkeit setzen. Aussprüche wie den Helmholtzschen wird man erst tun dürfen, wenn alle Sätze Goethes von der Art des folgenden aus der Welt geschafft sein werden: «Das Höchste wäre: zu begreifen, daß alles Faktische schon Theorie ist. Die Bläue des Himmels offenbart uns das Grundgesetz der Chromatik. Man suche nur nichts hinter den Phänomenen; sie selbst sind die Lehre.» [«Sprüche in Prosa»; Natw. Schr., 4. Bd., 2. Abt., S. 376] Goethe bleibt innerhalb der Erscheinungswelt stehen; die modernen Physiker lesen einige Fetzen aus der Erscheinungswelt auf und versetzen diese hinter die Phänomene, um dann von diesen hypothetischen Realitäten die Phänomene der wirklich wahrnehmbaren Erfahrung abzuleiten.
4.
[ 16 ] Einzelne jüngere Physiker behaupten, sie legen dem Begriffe der bewegten Materie keinen über die Erfahrung hinausgehenden Sinn bei. Einer von ihnen, der das merkwürdige Kunststück zustande bringt, Anhänger der mechanischen Naturlehre und der indischen Mystik zugleich zu sein. Anton Lampa (vgl. dessen «Nächte des Suchenden», Braunschweig 1893) bemerkt gegen die Ausführungen Ostwalds, daß dieser «einen Kampf führe, wie weiland der tapfere Manchaner gegen die Windmühlen. Wo ist denn der Riese des wissenschaftlichen (Ostwald meint naturwissenschaftlichen) Materialismus? Den gibt es ja gar nicht. Es hat einmal einen sogenannten naturwissenschaftlichen Materialismus der Herren Büchner, Vogt und Moleschott gegeben, ja gibt ihn noch, in der Naturwissenschaft selbst aber existiert er nicht, in der Naturwissenschaft war er auch nie zu Hause. Das hat Ostwald übersehen, sonst wäre er bloß gegen die mechanische Auffassungsweise zu Felde gezogen, was er zufolge seines Mißverständnisses nur nebenbei tut, was er aber ohne dieses Mißverständnis wahrscheinlich überhaupt nicht getan hätte. Kann man denn glauben, daß eine Naturforschung, welche die Bahnen wandelt, die Kirchhoff eingeschlagen, den Begriff der Materie 1n einem solchen Sinne fassen kann, wie der Materialismus es getan? Das ist unmöglich, das ist ein offen zutage liegender Widerspruch. Der Begriff der Materie kann, gleich wie jener der Kraft, bloß einen durch die Forderung nach einer möglichst einfachen Beschreibung präzisierten, d. h. kantisch ausgedrückt, bloß empirischen Sinn haben. Und wenn irgendein Naturforscher mit dem Worte Materie einen darüber hinausliegenden Sinn verbindet, so tut er das nicht als Naturforscher, sondern als materialistischer Philosoph.» («Die Zeit», Wien, Nr. 61 vom 30. Nov. 1895).
[ 17 ] Lampa muß, nach diesen Worten, als Typus des normalen Naturforschers der Gegenwart bezeichnet werden. Dieser wendet die mechanische Naturerklärung an, weil sie bequem zu handhaben ist. Er vermeidet es aber, über den wahren Charakter dieser Naturerklärung nachzudenken, weil er sich vor der Verwickelung in Widersprüche fürchtet, denen sein Denken sich nicht gewachsen fühlt.
[ 18 ] Wie kann jemand, der klares Denken liebt, mit dem Begriffe der Materie einen Sinn verbinden, ohne über die Erfahrungswelt hinauszugehen? In der Erfahrungswelt sind Körper von bestimmter Größe und Lage, es sind Bewegungen und Kräfte, ferner die Phänomene des Lichtes, der Farben, der Wärme, der Elektrizität, des Lebens usw. vorhanden. Darüber, daß die Größe, die Wärme, die Farbe usw. an einer Materie haften, sagt die Erfahrung nichts aus. Aufzufinden ist die Materie innerhalb der Erfahrungswelt nirgends. Wer Materie denken will, der muß sie zu der Erfahrung hinzudenken.
[ 19 ] Ein solches Hinzudenken der Materie zu den Erscheinungen der Erfahrungswelt ist in den physikalischen und physiologischen Erwägungen zu bemerken, die in der modernen Naturlehre unter dem Einflusse Kants und Johannes Müllers heimisch geworden sind. Diese Erwägungen haben zu dem Glauben geführt, daß die äußeren Vorgänge, die den Schall im Ohre, das Licht im Auge, die Wärme im Organe des Wärmesinnes usw. entstehen lassen, nichts gemein haben mit der Schallernpfindung, der Licht- und Wär-meempfindung usw. Diese äußeren Vorgänge sollen vielmehr gewisse Bewegungen der Materie sein. Der Naturforscher untersucht dann, welche Art von äußeren Bewegungsvorgängen in der menschlichen Seele Schall, Licht, Farbe usw. entstehen lassen. Er kommt zu dem Schlusse, daß sich außerhalb des menschlichen Organismus nirgends im ganzen Weltenraum Rot, Gelb oder Blau finde, sondern daß es nur eine wellenförmige Bewegung einer feinen, elastischen Materie, des Äthers, gebe, die, wenn sie durch das Auge empfunden wird, sich als Rot, Gelb oder Blau darstellt. Wenn kein empfindendes Auge vorhanden wäre, so wäre auch keine Farbe, sondern nur bewegter Äther vorhanden, meint der moderne Naturlehrer. Der Äther sei das Objektive, die Farbe bloß etwas Subjektives, im menschlichen Körper Gebildetes. Der Leipziger Professor Wundt, den man zuweilen als einen der größten Philosophen der Gegenwart preisen hört, sagt deshalb von der Materie, sie sei ein Substrat, «das uns niemals selbst, sondern immer nur in seinen Wirkungen anschaulich wird.» Und er findet, daß « eine widerspruchslose Erklärung der Erscheinungen erst gelingt», wenn man ein solches Substrat annimmt (Logik, II. Bd., [1. Abt., 2. Aufl.], S. 445). Der Descartessche Wahn von deutlichen und verworrenen Vorstellungen ist zur grundlegenden Vorstellungsart der Physik geworden.*
5.
[ 20 ] Wessen Vorstellungsvermögen durch Descartes, Locke, Kant und die moderne Physiologie nicht vom Grund aus verdorben ist, der wird niemals begreifen, wie man Licht, Farbe, Ton, Wärme usw. bloß für subjektive Zustände des menschlichen Organismus ansehen und dennoch das Vorhandensein einer objektiven Welt von Vorgängen außerhalb des Organismus behaupten kann. Wer den menschlichen Organismus zum Erzeuger der Ton-, Wärme-, Farben- usw. -Geschehnisse macht, der muß ihn auch zum Hervorbringer der Ausdehnung, Größe, Lage, Bewegung, der Kräfte usw. machen. Denn diese mathematischen und mechanischen Qualitäten sind in Wirklichkeit mit dem übrigen Inhalte der Erfahrungswelt untrennbar verbunden. Die Abtrennung der Raum-, Zahl- und Bewegungs-verhältnisse, sowie der Kraftäußerungen von den Wärme-, Ton-, Farben- und den anderen Sinnesqualitäten ist nur eine Funktion des abstrahierenden Denkens. Die Gesetze der Mathematik und Mechanik beziehen sich auf abstrakte Gegenstände und Vorgänge, die von der Erfahrungswelt abgezogen sind, und können daher auch nur innerhalb der Erfahrungswelt Anwendung finden. Werden aber auch die mathematischen und mechanischen Formen und Verhältnisse für bloß subjektive Zustände erklärt, dann bleibt nichts übrig, was dem Begriffe von objektiven Dingen und Ereignissen als Inhalt dienen könnte. Und aus einem leeren Begriffe können keine Erscheinungen abgeleitet werden.
[ 21 ] So lange die modernen Naturgelehrten und ihre Schleppträger, die modernen Philosophen, daran festhalten, daß die Sinneswahrnehmungen nur subjektive Zustände sind, die durch objektive Vorgänge hervorgerufen werden, wird ein gesundes Denken ihnen stets entgegenhalten, daß sie entweder mit leeren Begriffen spielen, oder dem Objektiven einen Inhalt zuschreiben, den sie aus der für subjektiv erklärten Erfahrungswelt entlehnen. Ich habe in einer Reihe von Schriften das Widersinnige der Behauptung von der Subjektivität der Sinnesempfindungen nachgewiesen. 105«Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung mit besonderer Rücksicht auf Schiller» (1886), Gesamtausgabe Dornach 1960; «Wahrheit und Wissenschaft. Vorspiel einer «Philosophie der Freiheit» (1892), Gesamtausgabe Dornach 1958; «Philosophie der Freiheit. Grundzüge einer modernen Weltanschauung» (1894), Gesamtausgabe Dornach 1972.
[ 22 ] Doch ich will davon absehen, ob den Bewegungsvorgängen und den sie hervorrufenden Kräften, auf die die neuere Physik alle Naturerscheinungen zurückführt, eine andere Realitätsform zugeschrieben wird als den Sinneswahrnehmungen, oder ob das nicht der Fall ist. Ich will jetzt bloß fragen, was die mathematischmechanische Naturanschauung leisten kann. Anton Lampa meint («Nächte des Suchenden», S. 92): «Mathematische Methode und Mathematik sind nicht identisch, denn die mathematische Methode ist durchführbar ohne Anwendung von Mathematik. Einen klassischen Beleg für diese Tatsache bieten uns innerhalb der Physik die Experimentaluntersuchungen über Elektrizität von Faraday, der kaum ein Binom zu quadrieren verstand. Die Mathematik ist ja nichts als ein Mittel, logische Operationen abzukürzen und daher in so verwickelten Fällen noch durchzuführen, wo uns das gewöhnliche logische Denken im Stich lassen würde. Aber sie leistet gleichzeitig noch viel mehr: indem jede Formel implicite ihren Werdeprozeß ausdrückt, schlägt sie eine lebendige Brücke bis zu den elementaren Erscheinungen, welche als Ausgangspunkt der Untersuchung gedient hatten. Die Methode aber, welche sich der Mathematik nicht bedienen kann - was immer der Fall ist, wenn die in die Untersuchung eingehenden Größen nicht meßbar sind - hat daher, um der mathematischen gleich zu kommen, nicht nur streng logisch zu sein, sondern auch dem Geschäft der Zurückführung auf die Grunderscheinungen eine besondere Sorgfalt zuzuwenden, da sie der mathematischen Stütze entbehrend gerade hier leicht straucheln kann; wenn sie aber dieses leistet, wird sie wohl mit Recht auf den Titel einer mathematischen Anspruch erheben, insofern damit der Grad der Exaktheit ausgedrückt werden soll.»
[ 23 ] Ich würde mich mit Anton Lampa nicht so ausführlich beschäftigen, wenn er nicht durch einen Umstand ein besonders geeignetes Beispiel eines Naturforschers der Gegenwart wäre. Er befriedigt seine philosophischen Bedürfnisse aus der indischen Mystik und verunreinigt deshalb die mechanische Naturanschauung nicht wie andere mit allerlei philosophischen Nebenvorstellungen. Die Naturlehre, die er im Auge hat, ist sozusagen die chemisch reine Naturansicht der Gegenwart. Ich finde, daß Lampa ein Hauptkennzeichen der Mathematik gänzlich unberücksichtigt gelassen hat. Wohl schlägt jede mathematische Formel eine «lebendige Brücke» bis zu den elementaren Erscheinungen, welche als Ausgangspunkt der Untersuchungen gedient haben. Aber diese elementaren Erscheinungen sind von derselben Art wie die nichtelementaren, von denen aus die Brücke geschlagen wird. Der Mathematiker führt die Eigenschaften komplizierter Zahl- und Raumgebilde, sowie deren wechselseitige Beziehungen auf die Eigenschaften und Beziehungen der einfachsten Zahl-und Raumgebilde zurück. Ebenso macht es der Mechaniker in seinem Gebiete. Er führt zusammengesetzte Bewegungsvorgänge und Kräftewirkungen auf einfache, leicht überschaubare Bewegungen und Kräftewirkungen zurück. Dabei bedient er sich der mathematischen Gesetze, insofern Bewegungen und Kraftäußerungen durch Raumgebilde und Zahlen ausdrückbar sind. In einer mathematischen Formel, die ein mechanisches Gesetz zum Ausdruck bringt, bedeuten die einzelnen Glieder nicht mehr rein mathematische Gebilde, sondern Kräfte und Bewegungen. Die Verhältnisse, in denen diese Glieder zueinander stehen, werden nicht durch eine rein mathematische Gesetzmäßigkeit bestimmt, sondern durch die Eigenschaften der Kräfte und Bewegungen. Sobald man von diesem besonderen Inhalte der mechanischen Formeln absieht, hat man es nicht mehr mit mechanischer, sondern lediglich mit mathematischer Gesetzlichkeit zu tun. Wie die Mechanik zur reinen Mathematik, verhält sich die Physik zur Mechanik. Die Aufgabe des Physikers ist, komplizierte Vorgänge auf dem Gebiete der Farben-, Ton-, Wärmeerscheinungen, der Elektrizität, des Magnetismus usw. auf einfache Geschehnisse innerhalb der gleichen Sphäre zurückzuführen. Er hat z. B. komplizierte Farbenvorkommnisse auf die einfachsten Farbenvorkommnisse zurückzuführen. Dabei hat er sich der mathematischen und mechanischen Gesetzlichkeit zu bedienen, insofern die Farbenvorgänge in räumlich und zahlenmäßig zu bestimmenden Formen sich abspielen. Nicht die Zurückführung der Farben-, Ton- usw. -Vorgänge auf Bewegungserscheinungen und Kräfteverhältnisse innerhalb einer farb- und tonlosen Materie, sondern die Aufsuchung der Zusammenhänge innerhalb der Farben-, Ton- usw. -Erscheinungen entspricht auf physikalischem Gebiete der mathematischen Methode.
[ 24 ] Die moderne Physik überspringt die Ton-, Farben- usw. Erscheinungen als solche und betrachtet nur unveränderliche, anziehende und abstoßende Kräfte und Bewegungen im Raume. Unter dem Einflusse dieser Vorstellungsart ist die Physik heute bereits angewandte Mathematik und Mechanik geworden, und die übrigen Gebiete der Naturwissenschaft sind auf dem Wege, das Gleiche zu werden.
[ 25 ] Es ist unmöglich, eine «lebendige Brücke» zu schlagen von der Tatsache: An diesem Orte des Raumes herrscht ein bestimmter Bewegungsvorgang der farblosen Materie, - der andern Tatsache: Der Mensch sieht an diesem Orte Rot. Aus Bewegung kann nur wieder Bewegung abgeleitet werden. Und aus der Tatsache, daß eine Bewegung auf ein Sinnesorgan und dadurch auf das Gehirn wirkt, folgt -nach mathematischer und mechanischer Methode - nur, daß das Gehirn von der Außenwelt zu gewissen Bewegungsvorgängen veranlaßt wird, nicht aber, daß es die konkreten Töne, Farben, Wärmeerscheinungen usw. wahrnimmt. Dies hat auch Du Bois-Reymond erkannt. Man lese S. 35 f. seiner «Grenzen des Naturerkennens» (5. Aufl.): «Welche denkbare Verbindung besteht zwischen bestimmten Bewegungen bestimmter Atome in meinem Gehirn einerseits, andererseits den für mich ursprünglichen, nicht weiter definierbaren, nicht wegzuleugnenden Tatsachen: ich fühle Schmerz, fühle Lust; ich schmecke Süßes, rieche Rosenduft, höre Orgelton, sehe Rot» .. Und S. 34: «Bewegung kann nur Bewegung erzeugen.» Du Bois-Reymond ist deshalb der Meinung, daß hiermit eine Grenze des Naturerkennens zu verzeichnen ist.
[ 26 ] Der Grund, warum man die Tatsache: «ich sehe Rot» nicht aus einem bestimmten Bewegungsvorgang herleiten kann, ist, meiner Ansicht nach, leicht anzugeben. Die Qualität «Rot» und ein bestimmter Bewegungsvorgang sind in Wirklichkeit eine untrennbare Einheit. Die Trennung der beiden Geschehnisse kann nur eine begriffliche, im Verstande vollzogene sein. Der dem «Rot» entsprechende Bewegungsvorgang hat an sich keine Wirklichkeit; er ist ein Abstraktum. Die Tatsache: «ich sehe Rot» aus einem Bewegungsvorgang herleiten zu wollen, ist genau so absurd, wie die Ableitung der wirklichen Eigenschaften eines in Würfelform kristallisierten Steinsalzkörpers aus dem mathematischen Würfel. Nicht weil eine Grenze des Erkennens uns hindert, können wir aus Bewegungen keine anderen Sinnesqualitäten ableiten, sondern weil eine derartige Forderung keinen Sinn hat.
6.
[ 27 ] Das Streben, die Farben, Töne, Wärmeerscheinungen usw. als solche zu überspringen und nur die ihnen entsprechenden mechanischen Vorgänge zu betrachten, kann nur aus dem Glauben entspringen, daß den einfachen Gesetzen der Mathematik und Mechanik ein höherer Grad von Begreiflichkeit entspricht, als den Eigenschaften und wechselseitigen Beziehungen der übrigen Gebilde der Wahrnehmungswelt. Dies ist aber durchaus nicht der Fall. Die einfachsten Eigenschaften und Verhältnisse der Raum- und Zahlgebilde werden ohne weiteres begreiflich genannt, weil sie sich leicht und vollkommen überschauen lassen. Zurückführung auf einfache, beim unmittelbaren Innewerden einleuchtende Tatbestände ist alles mathematische und mechanische Begreifen. Der Satz, daß zwei Größen, die einer dritten gleich sind, auch einander gleich sein müssen, wird durch unmittelbares Innewerden des Tatbestandes, den er ausdrückt, erkannt. In dem gleichen Sinne werden auch die einfachen Vorkommnisse der Ton- und Farbenwelt und der übrigen Sinneswahrnehmungen durch unmittelbare Anschauung erkannt.
[ 28 ] Nur weil sie durch das Vorurteil verführt sind, daß ein einfaches mathematisches oder mechanisches Faktum begreiflicher ist, als ein elementares Vorkommnis der Tonoder Farbenerscheinung als solches, schalten die modernen Physiker das Spezifische des Tones oder der Farbe aus den Erscheinungen aus und betrachten nur die Bewegungsvorgänge, die den Sinneswahrnehmungen entsprechen. Und weil sie Bewegungen nicht denken können ohne etwas, das sich bewegt, nehmen sie die aller sinnenfälligen Eigenschaften entkleidete Materie als Träger der Bewegungen an. Wer in diesem Vorurteil der Physiker nicht befangen ist, der muß einsehen, daß die Bewegungsvorgänge Zustände sind, die an die sinnenfälligen Qualitäten gebunden sind. Der Inhalt der wellenförmigen Bewegungen, die den Tonvorkommnissen entsprechen, sind die Tonqualitäten selbst. Das gleiche gilt für die übrigen Sinnesqualitäten. Durch unmittelbares Innewerden erkennen wir den Inhalt der oszillierenden Bewegungen der Erscheinungswelt, nicht durch Hinzudenken einer abstrakten Materie zu den Erscheinungen.
7.
[ 29 ] Ich weiß, daß ich mit diesen Ansichten etwas ausspreche, was den Physiker-Ohren der Gegenwart ganz unmöglich klingt. Ich kann mich aber nicht auf den Standpunkt Wundts stellen, der in seiner «Logik» (11. Bd., 1. Abt. [2. Aufl. 1894]) die Denkgewohnheiten der modernen Naturforscher für bindende logische Normen ausgibt. Die Gedankenlosigkeit, der er sich dabei schuldig macht, wird besonders an der Stelle klar, wo er den Versuch Ostwalds bespricht, an die Stelle der bewegten Materie die in oszillierender Bewegung befindliche Energie zu setzen. Wundt bringt folgendes vor: «Es ergibt sich ... aus der Existenz der Interferenzerscheinungen die Notwendigkeit der Voraussetzung irgendeiner oszillierenden Bewegung. Da aber eine Bewegung ohne ein Substrat, das sich bewegt, undenkbar ist, so ist damit auch die Ableitung der Lichterscheinungen aus einem mechanischen Vorgang ein unumgängliches Erfordernis. Allerdings hat Ostwald der letzteren Annahme zu entgehen gesucht, indem er die ˂strahlende Energie˃ nicht auf die Schwingungen eines materiellen Mediums zurückführt, sondern als eine in oszillierender Bewegung befindliche Energie definiert. Gerade dieser aus einem anschaulichen und einem rein begrifflichen Bestandteil zusammengesetzte Doppelbegriff scheint mir aber schlagend zu beweisen, daß der Energiebegriff selbst eine Zerlegung fordert, die auf Elemente der Anschauung zurückführt. Eine reale Bewegung kann nur als die Ortsveränderung eines im Raume gegebenen realen Substrates definiert werden. Dieses reale Substrat kann sich uns bloß durch Kraftwirkungen, die von ihm ausgehen, oder durch Kräftefunktionen, als deren Träger wir es betrachten, verraten. Aber daß solche bloß begrifflich zu fixierende Kräftefunktionen selbst sich bewegen, dies scheint mir eine Forderung zu sein, die nicht erfüllt werden kann, ohne daß man sich irgendein Substrat hinzudenkt.» [a. a. 0., S. 410]
[ 30 ] Der Energiebegriff Ostwalds steht der Wirklichkeit um vieles näher als das angeblich «reale» Substrat Wundts. Die Erscheinungen der Wahrnehmungswelt, Licht, Wärme, Elektrizität, Magnetismus usw., lassen sich unter den allgemeinen Begriff der Kraftleistung, d. i. der Energie bringen. Wenn Licht, Wärme usw. in einem Körper eine Veränderung hervorrufen, so ist damit eben eine Kraftleistung vollzogen. Man hat, wenn man Licht, Wärme usw. als Energie bezeichnet, von dem den einzelnen Sinnesqualitäten spezifisch Eigenen abgesehen und betrachtet eine allgemeine, ihnen gemeinsam zukommende Eigenschaft.
[ 31 ] Diese Eigenschaft erschöpft zwar nicht alles, was in den Dingen der Wirklichkeit vorhanden ist; aber sie ist eine reale Eigenschaft dieser Dinge. Der Begriff der Eigenschaften hingegen, welche die von den Physikern und ihren philosophischen Verteidigern hypothetisch angenommene Materie haben soll, schließt einen Unsinn ein. Diese Eigenschaften sind aus der Sinnenwelt entlehnt und sollen doch einem Substrat zukommen, das nicht zur Sinnenwelt gehört.
[ 32 ] Es ist unbegreiflich, wie Wundt behaupten kann, der Begriff «strahlende Energie» sei deshalb ein unmöglicher, weil er einen anschaulichen und einen begrifflichen Bestandteil enthalte. Der Philosoph Wundt sieht also nicht ein, daß jeder Begriff, der sich auf ein Ding der sinnlichen Wirklichkeit bezieht, notwendig einen anschaulichen und einen begrifflichen Bestandteil enthalten muß. Der Begriff «Steinsalzwürfel » hat doch den anschaulichen Bestandteil des sinnlich wahrnehmbaren Steinsalzes und den anderen rein begrifflichen, den die Stereometrie feststellt.
8.
[ 33 ] Die Entwicklung der Naturwissenschaft in den letzten Jahrhunderten hat zur Zerstörung aller Vorstellungen geführt, durch welche diese Wissenschaft Glied einer Weltauffassung sein kann, die den höheren menschlichen Bedürfnissen genügt. Sie hat dazu geführt, daß die «modernen» wissenschaftlichen Köpfe es als absurd bezeichnen, wenn man davon spricht, daß die Begriffe und Ideen ebenso zur Wirklichkeit gehören, wie die im Raume wirkenden Kräfte und die den Raum erfüllende Materie. Begriffe und Ideen sind diesen Geistern ein Produkt des menschlichen Gehirns und nichts weiter. Noch die Scholastiker wußten, wie es um diese Sache steht. Aber die Scholastik wird von der modernen Wissenschaft verachtet. Sie wird verachtet, aber man kennt sie nicht. Man weiß vor allem nicht, was an der Scholastik gesund und was an ihr krank ist. Gesund an ihr ist, daß sie eine Empfindung dafür hatte, daß Begriffe und Ideen nicht nur Hirngespinste sind, die der menschliche Geist ersinnt, um die wirklichen Dinge zu verstehen, sondern daß sie mit den Dingen selbst etwas, ja mehr zu tun haben als Stoff und Kraft. Diese gesunde Empfindung der Scholastiker ist ein Erbstück von den großen Weltanschauungsperspektiven Platos und Aristoteles'. Krank ist an der Scholastik die Vermischung dieser Empfindung mit den Vorstellungen, die in die mittelalterliche Entwicklung des Christentums eingezogen sind. Diese Entwicklung findet den Quell alles Geistigen, also auch der Begriffe und Ideen in dem unerkennbaren, weil außerweltlichen Gott. Es hat den Glauben an etwas nötig, das nicht von dieser Welt ist. Ein gesundes menschliches Denken hält sich aber an diese Welt. Es kümmert sich um keine andere. Aber es vergeistigt zugleich diese Welt. Es sieht in Begriffen und Ideen Wirklichkeiten dieser Welt ebenso wie in den durch die Sinne wahrnehmbaren Dingen und Ereignissen. Die griechische Philosophie ist ein Ausfluß dieses gesunden Denkens. Die Scholastik nahm noch eine Ahnung dieses gesunden Denkens in sich auf. Aber sie strebte darnach, diese Ahnung im Sinne des als christlich geltenden Jenseitsglaubens umzudeuten. Nicht die Begriffe und Ideen sollten das Tiefste sein, was der Mensch in den Vorgängen dieser Welt erschaut, sondern Gott, sondern das Jenseits. Wer die Idee einer Sache erfaßt hat, den zwingt nichts, noch nach einem weiteren «Ursprung» der Sache zu suchen. Er hat das erreicht, was das menschliche Erkenntnisbedürfnis befriedigt. Aber was kümmerte die Scholastiker das menschliche Erkenntnisbedürfnis? Sie wollten retten, was sie als christliche Gottesvorstellung ansahen. Sie wollten im jenseitigen Gott den Ursprung der Welt finden, obwohl ihnen ihr Suchen nach dem Innern der Dinge nur Begriffe und Ideen lieferte.
9.
[ 34 ] Im Verlauf der Jahrhunderte wurden die christlichen Vorstellungen wirksamer als die dunklen Empfindungen, die aus dem griechischen Altertum ererbt waren. Man verlor die Empfindung für die Wirklichkeit der Begriffe und Ideen. Man verlor damit aber auch den Glauben an den -Geist selbst. Es begann die Anbetung des rein Materiellen: die Ära Newtons in der Naturwissenschaft begann. Nun war nicht mehr die Rede von der Einheit, die der Mannigfaltigkeit der Welt zugrunde liegt. Nun wurde alle Einheit geleugnet Die Einheit wurde herabgewürdigt zu einer «menschlichen» Vorstellung. In der Natur sah man nur die Vielheit, die Mannigfaltigkeit. Diese allgemeine Grundvorstellung war es, die Newton verführte, nicht eine ursprüngliche Einheit im Lichte zu sehen, sondern ein Zusammengesetztes. Goethe hat in den «Materialien zur Geschichte der Farbenlehre» einen Teil der Entwicklung naturwissenschaftlicher Vorstellungen dargelegt. Aus seiner Darstellung ist zu ersehen, daß die neuere Naturwissenschaft durch die allgemeinen Vorstellungen, deren sie sich zum Erfassen der Natur bedient, in der Farbenlehre zu ungesunden Ansichten gelangt ist. Diese Wissenschaft hat das Verständnis dafür verloren, was das Licht innerhalb der Reihe der Naturqualitäten ist. Deshalb weiß sie auch nicht, wie unter gewissen Bedingungen das Licht gefärbt erscheint, wie im Reiche des Lichtes die Farbe entsteht.
17 Goethe against atomism
[ 1 ] There is much talk today of the fruitful development of the natural sciences in the nineteenth century. I believe we can rightly speak only of significant scientific experiences that were made and of a transformation of practical living conditions as a result of these experiences. But as far as the basic ideas by which the modern view of nature seeks to comprehend the world of experience are concerned, I consider them unhealthy and inadequate for vigorous thinking. I have already spoken about this on p. 258ff. of this paper. Recently, a well-known contemporary natural scientist, the chemist Wilhelm Ostwald, has expressed the same view. 102"The Overcoming of Scientific Materialism"; lecture given at the 3rd general meeting of the Society of German Naturalists and Physicians in Lübeck on September 20, 1895; Leipzig 1895. - This was written a short time after Ostwald's statements in question were made. He says: "From the mathematician to the practical physician, every scientifically minded person, when asked how he thinks the world is formed "inwardly", will summarize his view to the effect that things are composed of moving atoms, and that these atoms and the forces acting between them are the ultimate realities of which the individual phenomena consist. In a hundredfold repetitions one can hear and read this sentence, that no other understanding can be found for the physical world than by tracing it back to the "mechanics of atoms"; matter and motion appear as the ultimate concepts to which the multiplicity of natural phenomena must be related. This view can be called scientific materialism." I have said in this paper p. 258ff. that the modern physical fundamental views are untenable. The same is expressed by Ostwald (p. 6. of his lecture) in the following words: "That this mechanistic view of the world does not fulfill the purpose for which it has been formed; that it conflicts with undoubted and generally known and recognized truths." The agreement between Ostwald's explanations and mine goes even further. I say (p. 274 of this paper): "The sensuous world picture is the sum of metamorphosing perceptual contents without an underlying matter." Ostwald says (p. 12 f.): "But if we consider that all we know of a certain substance is the knowledge of its properties, we see that the assertion that there is still a certain substance but that it no longer has any of its properties is not very far from pure nonsense. In fact, this purely formal assumption serves us only to unite the general facts of chemical processes, in particular the stoichiometric laws of mass, with the arbitrary concept of an unchanged matter." And on p. 256 of this work we read: "It is these considerations that forced me to reject as impossible any theory of nature that in principle goes beyond the realm of the perceived world, and to seek the sole object of natural science in the world of the senses alone." I find the same thing expressed in Ostwald's lecture on pp. 25 and 22: "What do we learn from the physical world? Obviously only that which our sensory instruments convey to us." "To relate realities, detectable and measurable quantities to each other in a certain way, so that, if the one is given, the other can be inferred, that is the task of science and it cannot be solved by underlaying some hypothetical picture, but only by proving mutual dependency relationships of measurable quantities." If one disregards the fact that Ostwald is speaking in the sense of a contemporary naturalist, and therefore sees nothing in the sense world but demonstrable and measurable sizes, then his view corresponds completely to mine, as I have expressed it, for example, in the sentence (p. 299): "The theory must extend to the. Perceptible and seek the connections within it."
[ 2 ] In my remarks on Goethe's Theory of Colors, I waged the same battle against the basic scientific ideas of the present as Prof. Ostwald in his lecture "The Overcoming of Scientific Materialism". What I have put in the place of these basic ideas, however, does not agree with Ostwald's statements. For the latter, as I will show below, proceeds from the same superficial premises as his opponents, the followers of scientific materialism. I have also explained that the basic ideas of the modern view of nature are the cause of the unhealthy assessment that Goethe's color theory has received and continues to receive.
[ 3 ] I would now like to take a closer look at the modern view of nature. From the goal that this view of nature has set itself, I seek to recognize whether it is a healthy one or not.
[ 4 ] It is not without reason that the basic formula by which the modern view of nature judges the world of perceptions has been seen in the words of Descartes: "I find, when I examine corporeal things more closely, that there is very little in them which I see clearly and clearly, namely size, or extension in length, depth, breadth, the shape which comes from the termination of this extension, the position which the variously shaped bodies have among themselves, and the movement or change of this position, to which one can add substance, duration and number. As for other things, such as light, colors, sounds, smells, taste sensations, warmth, cold and other qualities perceptible to the sense of touch (smoothness, roughness), they appear in my mind with such darkness and confusion that I do not know whether they are true or false, i.e. whether the ideas I have formed are true or false. i.e. whether the ideas which I conceive of these objects are in fact the ideas of any real things, or whether they merely represent chimerical beings which cannot exist." To think in terms of this Des- Cartesian proposition has become so habitual to the advocates of the modern view of nature that they hardly consider any other way of thinking worthy of consideration. They say: What is perceived as light is caused by a process of motion that can be expressed by a mathematical formula. When a color appears in the phenomenal world, they trace it back to a vibrating movement and calculate the number of vibrations in a given time. They believe that the entire sensory world will be explained when all perceptions can be traced back to relationships that can be expressed in such mathematical formulas. A mind that could give such an explanation would, according to these naturalists, have reached the utmost that is possible for man in terms of knowledge of natural phenomena. Du Bois-Reymond, a representative of these scholars, says of such a spirit: To him "the hairs of our head would be numbered, and without his knowledge no sparrow would fall to earth". ("Über die Grenzen des Naturerkennens", [5th ed., Leipzig 1882] p. 13.) Turning the world into an example of calculation is the ideal of the modern view of nature.
[ 5 ] Since without the existence of forces the parts of the assumed matter would never be set in motion, modern naturalists also include force among the elements from which they explain the world, and Du Bois-Reymond says: "Recognizing nature . . is to attribute the changes in the world of bodies to movements of atoms caused by their central forces independent of time, or to resolve the processes of nature into mechanics of atoms." [op. cit., p. 10] Through the introduction of the concept of force, mathematics merges into mechanics. The philosophers of today 103wrote this at the beginning of the nineties of the last century. What can be said about it today* [cf. note p.21]. are so much under the influence of the naturalists that they have lost all courage to think independently. They unreservedly accept the positions of the naturalists. One of the most respected German philosophers, W. Wundt, says in his "Logic" ("Logik. [Eine Untersuchung der Prinzipien der Erkenntnis und die Methoden wissenschaftlicher Forschung]", II. vol. [Methodenlehre], 1. Abt., [2nd ed., Stuttgart 1894], p. 266): "With regard... and in application of the principle that because of the qualitative invariability of matter all natural processes are in the last instance movements, one regards as the aim of physics its complete transformation into ... applied mechanics. "
[ 6 ] Du Bois-Reymond finds: "It is a psychological fact of experience that, where such a resolution (of natural processes into the mechanics of atoms) succeeds, our need for causality feels satisfied for the time being." [This may be a fact of experience for Du Bois-Reymond. But it must be said that there are other people who do not feel satisfied by a banal explanation of the physical world - such as Du Bois-Reymond has in mind.
[ 7 ] Among these other people is Goethe. Whose need for causality is satisfied when he has succeeded in reducing natural processes to the mechanics of atoms, he lacks the organ to understand Goethe.
2.
[ 8 ] Size, shape, position, movement, force, etc. are perceptions in exactly the same sense as light, colors, sounds, smells, taste sensations, warmth, cold, etc. Whoever separates the size of a thing from its other properties and considers it for itself is no longer dealing with a real thing, but with an abstraction of the mind. It is the most absurd thing imaginable to attribute a different degree of reality to an abstract thing that has been subtracted from sensory perception than to a thing of sensory perception itself. The relations of space and number have nothing in common with other sensory perceptions except their greater simplicity and easier comprehensibility. The certainty of the mathematical sciences is based on this simplicity and clarity. If the modern view of nature traces all processes in the physical world back to mathematical and mechanical expressions, this is because the mathematical and mechanical are easy and convenient for our thinking. And human thinking tends towards convenience. This can be seen in Ostwald's above-mentioned lecture. This natural scientist wants to replace matter and force with energy. Listen: "What is the condition for one of our (sensory) tools to work? We may turn the matter around as we like, we find nothing in common but this: The sensory instruments react to differences in energy between them and the environment. In a world whose temperature was everywhere that of our body, we would not be able to experience anything of heat in any way, just as we have no sensation of the constant atmospheric pressure under which we live; only when we create spaces of a different pressure do we gain knowledge of it." (p. 2f. of the lecture.) And further (p. 29): "Imagine you were struck with a stick! What do you feel then, the stick or its energy? The answer can only be one: the energy. For the stick is the most harmless thing in the world as long as it is not swung. But we can also bump into a stationary stick! Quite right: what we feel are, as already emphasized, differences in the energy states against our sensory apparatus, and therefore it makes no difference whether the stick moves against us or we move against the stick. But if both have the same speed and the same direction, then the stick no longer exists for our feeling, because it cannot come into contact with us and bring about an exchange of energy." These omissions prove that Ostwald excludes energy from the realm of perception, i.e. abstracts it from everything that is not energy. It reduces everything perceptible to a single property of the perceptible, to the manifestation of energy, i.e. to an abstract concept. Ostwald's bias in the scientific habits of the present is clearly recognizable. If he were asked, he too could cite nothing to justify his procedure other than the fact that for him it is a psychological fact of experience that his need for causality is satisfied when he has resolved the natural processes into expressions of energy. It is essentially indifferent: whether Du Bois-Reymond resolves natural processes into the mechanics of atoms, or Ostwald into expressions of energy. Both arise from the tendency of human thought towards convenience.
[ 9 ] Ostwald says at the end of his lecture (p. 34): "Is energy, necessary and useful as it is for the understanding of nature, also sufficient for this purpose (namely, the explanation of the world of bodies)? Or are there phenomena which cannot be fully represented by the laws of energy known so far? . . . I believe that I can do no better justice to the responsibility which I have assumed towards you today by my exposition than by emphasizing that the answer to this question is no. As immense as the advantages are which the energetic view of the world has over the mechanistic or materialistic view, it seems to me that some points can already be identified which are not covered by the known main theorems of energetics, and which therefore point to the existence of principles which go beyond these. Energetics will continue to exist alongside these new theorems. Only in the future it will not be, as we must still regard it today, the most comprehensive principle for the management of natural phenomena, but will probably appear as a special case of even more general relationships, of whose form we currently have hardly any idea."
3.
[ 10 ] If our natural scientists had also read the writings of people outside their guild, Prof. Ostwald could not have made a remark like this. For as early as 1891, in the aforementioned introduction to Goethe's Theory of Colors, I stated that we can, however, have an idea of such "forms" and more than one, and that the task of natural science in the future lies in the expansion of Goethe's basic scientific ideas.
[ 11 ] As little as the processes of the physical world can be "resolved" into the mechanics of atoms, so little can they be "resolved" into energy relationships. Nothing more is achieved by such a procedure than that attention is diverted from the content of the real sense world and turned to an unreal abstract, whose poor foundation of properties is also only taken from the same sense world. One cannot explain one group of properties of the sense world: light, colors, sounds, smells, tastes, warmth, etc. by "dissolving" them into the other group of properties of the same sense world: size, shape, position, number, energy, etc. The task of natural science cannot be to "dissolve" one type of property into another, but rather to search for relationships and proportions between the perceptible properties of the sensory world. We then discover certain conditions under which one sensory perception necessarily entails the other. We find that there is a more intimate connection between certain phenomena than between others. We then no longer link the phenomena in the way they present themselves to chance observation. For we recognize that certain connections between phenomena are necessary. In contrast, other connections are random. Necessary connections between phenomena are what Goethe calls original phenomena.
[ 12 ] The expression of a primordial phenomenon always consists in saying of a certain sensory perception that it necessarily evokes another. This expression is what is called a law of nature. If one says: "Heating causes a body to expand", one has expressed a necessary connection between phenomena of the sensory world (heat, expansion). We have recognized a primal phenomenon and expressed it in the form of a law of nature. The primordial phenomena are the forms Ostwald sought for the most general conditions of inorganic nature.
[ 13 ] The laws of mathematics and mechanics are just as much expressions of primordial phenomena as the laws that bring other sensory relationships into a formula. When G. Kirchhoff says: The task of mechanics is: "To describe the movements occurring in nature completely and in the simplest way ", he is mistaken. Mechanics does not merely describe the movements occurring in nature in the simplest and most complete way, but it seeks out certain necessary processes of movement which it singles out from the sum of the movements occurring in nature, and expresses these necessary processes of movement as mechanical fundamental laws. It must be described as the height of thoughtlessness that Kirchhoff's theorem is cited again and again as something particularly significant, without any sense of the fact that the statement of the simplest basic law of mechanics refutes it.
[ 14 ] The primordial phenomenon represents a necessary connection between elements of the world of perception. It is therefore hardly possible to say anything more inaccurate than what H. Helmholtz said in his speech at the Weimar Goethe Assembly on June 11, 1892: "The primordial phenomenon is a necessary connection between elements of the world of perception. June 1892: "It is to be regretted that Goethe at that time was not acquainted with the undulation theory of light already put forward by Huyghens; this would have given him a much more correct and descriptive ˂original phenomenon˃ than the hardly suitable and very complicated process which he chose for this end in the colors of turbid media." 104H. L. F. v. Helmholtz, Goethes Vorahnungen kommender wissenschaftlicher Ideen etc.; Berlin 1892, p. 34.
[ 15 ] So the imperceptible undulations, which are thought to be part of the phenomena of light by the proponents of the modern view of nature, are said to have provided Goethe with a much more correct and descriptive "primordial phenomenon" , than the process, by no means intricate, but taking place before our eyes, which consists in light appearing yellow when seen through a cloudy medium, darkness blue when seen through an illuminated medium. The "dissolution" of sensually perceptible processes into imperceptible mechanical movements has become such a habit for modern physicists that they seem to have no idea that they are substituting an abstract concept for reality. Statements like Helmholtz's will only be allowed to be made when all Goethe's sentences of the following kind have been eliminated from the world: "The highest thing would be to realize that everything factual is already theory. The blueness of the sky reveals to us the basic law of chromatics. Just don't look for anything behind the phenomena; they themselves are the lesson." ["Proverbs in Prose"; Natw. Schr., 4th vol., 2nd abb., p. 376] Goethe remains within the world of appearances; modern physicists pick up a few scraps from the world of appearances and place them behind the phenomena in order to then derive the phenomena of really perceptible experience from these hypothetical realities.
4.
[ 16 ] Some recent physicists claim that they do not attach any meaning to the concept of moving matter that goes beyond experience. One of them achieves the strange feat of being a follower of the mechanical theory of nature and Indian mysticism at the same time. Anton Lampa (cf. his "Nights of the Seeker", Brunswick 1893) remarks against Ostwald's statements that he is "fighting a battle like the brave Manchaner against the windmills. Where is the giant of scientific (Ostwald means natural scientific) materialism? There is no such thing. There was once a so-called scientific materialism of Messrs Büchner, Vogt and Moleschott, indeed it still exists, but it does not exist in natural science itself, nor was it ever at home in natural science. Ostwald overlooked this, otherwise he would merely have taken up arms against the mechanical approach, which he does only incidentally due to his misunderstanding, but which he probably would not have done at all without this misunderstanding. Is it possible to believe that a natural science that follows the path taken by Kirchhoff can grasp the concept of matter in the way that materialism does? That is impossible, it is an obvious contradiction. The concept of matter, like that of force, can only have a meaning that is specified by the demand for the simplest possible description, i.e. in Kantian terms, a merely empirical meaning. And if any natural scientist associates a meaning beyond this with the word matter, he does so not as a natural scientist, but as a materialist philosopher." ("Die Zeit", Vienna, No. 61 of Nov. 30, 1895).
[ 17 ] Lampa must, according to these words, be described as a type of the normal natural scientist of the present day. He uses the mechanical explanation of nature because it is easy to handle. However, he avoids thinking about the true character of this explanation of nature because he is afraid of becoming entangled in contradictions that his thinking does not feel up to.
[ 18 ] How can someone who loves clear thinking associate a meaning with the concept of matter without going beyond the world of experience? In the world of experience there are bodies of a certain size and position, there are movements and forces, furthermore the phenomena of light, color, heat, electricity, life, etc. exist. Experience says nothing about the fact that size, warmth, color, etc. adhere to matter. Matter is nowhere to be found within the world of experience. If you want to think matter, you have to think it in addition to experience.
[ 19 ] Such an addition of matter to the phenomena of the world of experience can be observed in the physical and physiological considerations that have become native to the modern theory of nature under the influence of Kant and Johannes Müller . These considerations have led to the belief that the external processes which produce sound in the ear, light in the eye, heat in the organs of the sense of heat, etc., have nothing in common with the perception of sound, light, heat, etc. Rather, these external processes are supposed to be certain movements of matter. The naturalist then investigates what kind of external motion processes give rise to sound, light, color, etc. in the human soul. He comes to the conclusion that outside the human organism there is no red, yellow or blue anywhere in the whole universe, but that there is only a wave-like movement of a fine, elastic matter, the ether, which, when perceived by the eye, presents itself as red, yellow or blue. If there were no perceiving eye, there would be no color, but only moving ether, according to the modern teacher of nature. The ether is the objective, the color merely something subjective, formed in the human body. The Leipzig professor Wundt, whom we sometimes hear praised as one of the greatest philosophers of our time, therefore says of matter that it is a substrate "that never becomes visible to us itself, but only in its effects." And he finds that "an explanation of phenomena without contradiction only succeeds" if one assumes such a substrate (Logik, II. Vol., [1st Dept., 2nd ed.], p. 445). The Descartesian delusion of clear and confused ideas has become the fundamental mode of conception in physics.*
5.
[ 20 ] Whose imagination has not been fundamentally corrupted by Descartes, Locke, Kant and modern physiology will never understand how light, color, sound, heat, etc. can be regarded merely as subjective states of the human organism and yet claim the existence of an objective world of processes outside the organism. Whoever makes the human organism the producer of sound, heat, color, etc. -He who makes the human organism the producer of sound, heat, color, etc., must also make it the producer of extension, size, position, movement, forces, etc.. For these mathematical and mechanical qualities are in reality inseparably connected with the other contents of the world of experience. The separation of the relations of space, number and motion, as well as the manifestations of force from the qualities of heat, sound, color and other sensory qualities is only a function of abstract thinking. The laws of mathematics and mechanics relate to abstract objects and processes that are removed from the world of experience and can therefore only be applied within the world of experience. But if the mathematical and mechanical forms and relationships are also declared to be merely subjective states, then nothing remains that could serve as content for the concept of objective things and events. And no phenomena can be derived from an empty concept.
[ 21 ] As long as the modern naturalists and their tow-bearers, the modern philosophers, maintain that sense perceptions are only subjective states caused by objective processes, sound thinking will always counter them that they are either playing with empty concepts or ascribing a content to the objective which they borrow from the world of experience declared to be subjective. In a series of writings I have demonstrated the absurdity of the assertion of the subjectivity of sensory perceptions. 105"Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung mit besonderer Rücksicht auf Schiller" (1886), Complete Edition Dornach 1960; "Wahrheit und Wissenschaft. Prelude to a "Philosophy of Freedom" (1892), Complete Edition Dornach 1958; "Philosophy of Freedom. Fundamentals of a modern worldview" (1894), complete edition Dornach 1972.
[ 22 ] However, I will refrain from asking whether the processes of motion and the forces that cause them, to which modern physics attributes all natural phenomena, are attributed a different form of reality than sense perceptions, or whether this is not the case. I just want to ask what the mathematical-mechanical view of nature can achieve. Anton Lampa argues ("Nights of the Seeker", p. 92): "Mathematical method and mathematics are not identical, for the mathematical method is feasible without the application of mathematics. A classic example of this fact in physics is provided by the experimental investigations into electricity by Faraday, who was barely able to square a binomial. Mathematics is nothing more than a means of shortening logical operations and therefore still carrying them out in such complicated cases where ordinary logical thinking would let us down. But at the same time it does much more: by implicitly expressing its process of development, every formula builds a living bridge to the elementary phenomena that served as the starting point of the investigation. The method, however, which cannot make use of mathematics - which is always the case when the quantities entering into the investigation are not measurable - must therefore, in order to be equal to the mathematical one, not only be strictly logical, but also take special care in the business of tracing back to the fundamental phenomena, since it can easily stumble here without mathematical support; but if it does this, it will probably rightly claim the title of a mathematical one, insofar as the degree of exactness is to be expressed by it."
[ 23 ] I would not deal with Anton Lampa in such detail if there were not one circumstance that makes him a particularly suitable example of a contemporary natural scientist. He satisfies his philosophical needs from Indian mysticism and therefore does not contaminate the mechanical view of nature with all kinds of philosophical side ideas as others do. The doctrine of nature he has in mind is, so to speak, the chemically pure view of nature of the present. I find that Lampa has completely ignored one of the main characteristics of mathematics. It is true that every mathematical formula builds a "living bridge" to the elementary phenomena that served as the starting point for the investigations. But these elementary phenomena are of the same kind as the non-elementary phenomena from which the bridge is built. The mathematician traces the properties of complicated numerical and spatial entities, as well as their mutual relationships, back to the properties and relationships of the simplest numerical and spatial entities. The mechanic does the same in his field. He traces compound motion processes and force effects back to simple, easily comprehensible movements and force effects. In doing so, he makes use of mathematical laws, insofar as movements and expressions of force can be expressed by spatial formations and numbers. In a mathematical formula that expresses a mechanical law, the individual elements are no longer purely mathematical entities, but forces and movements. The relationships between these elements are not determined by a purely mathematical law, but by the properties of the forces and movements. As soon as this particular content of mechanical formulas is disregarded, we are no longer dealing with mechanical laws, but only with mathematical laws. Physics relates to mechanics in the same way that mechanics relates to pure mathematics. The task of the physicist is to trace complicated processes in the field of color, sound, heat phenomena, electricity, magnetism, etc. back to simple events within the same sphere. For example, he traced complicated color phenomena back to the simplest color phenomena. In doing so, he must make use of mathematical and mechanical laws, insofar as the color processes take place in forms that can be determined spatially and numerically. Not the attribution of color, sound, etc. -processes to phenomena of motion and force relations within a colorless and toneless matter, but rather the investigation of the connections within the color, sound, etc. -phenomena corresponds to the mathematical method in the field of physics.
[ 24 ] Modern physics skips over sound, color, etc. phenomena as such and only considers unaffected phenomena. Modern physics skips sound, color, etc. phenomena as such and only considers unchanging attractive and repulsive forces and movements in space. Under the influence of this way of thinking, physics today has already become applied mathematics and mechanics, and the other fields of natural science are on their way to becoming the same.
[ 25 ] It is impossible to build a "living bridge" from the fact that a certain process of movement of colorless matter prevails at this place in space to the other fact that man sees red at this place. Movement can only be derived from movement. And from the fact that a movement acts on a sense organ and thereby on the brain, it follows - according to the mathematical and mechanical method - only that the brain is induced by the external world to perform certain processes of movement, but not that it perceives the concrete sounds, colors, heat phenomena, etc. Du Bois-Reym has also shown this. Du Bois-Reymond has also recognized this. Read p. 35 f. of his "Grenzen des Naturerkennens" (5th ed.): "What conceivable connection exists between certain movements of certain atoms in my brain on the one hand, and on the other hand the facts that are original to me, cannot be further defined, cannot be denied: I feel pain, feel pleasure; I taste sweetness, smell the scent of roses, hear the sound of an organ, see red" ... And p. 34: "Movement can only produce movement." Du Bois-Reymond is therefore of the opinion that this marks a limit to the recognition of nature.
[ 26 ] In my opinion, the reason why the fact: "I see red" cannot be derived from a specific movement process is easy to state. The quality "red" and a certain movement process are in reality an inseparable unit. The separation of the two events can only be a conceptual one, carried out in the mind. The process of movement corresponding to "red" has no reality in itself; it is an abstraction. To want to derive the fact that "I see red" from a process of movement is just as absurd as deriving the real properties of a rock salt body crystallized in the form of a cube from the mathematical cube. It is not because a limit to cognition prevents us from deriving other sensory qualities from movements, but because such a demand makes no sense.
6.
[ 27 ] The striving to skip over colors, sounds, heat phenomena, etc. as such and to consider only the mechanical processes corresponding to them can only arise from the belief that the simple laws of mathematics and mechanics correspond to a higher degree of comprehensibility than the properties and reciprocal relationships of the other entities of the perceptual world. But this is by no means the case. The simplest properties and relationships of spatial and numerical entities are called comprehensible without further ado because they can be easily and completely grasped. All mathematical and mechanical understanding is reduced to simple facts that are immediately obvious. The proposition that two quantities which are equal to a third must also be equal to each other is recognized by directly perceiving the fact which it expresses. In the same sense, the simple occurrences of the world of sound and color and the other sensory perceptions are also recognized through direct perception.
[ 28 ] Only because they are seduced by the prejudice that a simple mathematical or mechanical fact is more comprehensible than an elementary occurrence of sound or color phenomena as such, modern physicists exclude the specifics of sound or color from the phenomena and consider only the processes of motion that correspond to sensory perceptions. And because they cannot conceive of movement without something that moves, they assume that matter, stripped of all sensory properties, is the carrier of movement. Whoever is not caught up in this prejudice of the physicists must realize that the processes of movement are states that are bound to sensory qualities. The content of the wave-like movements, which correspond to the sound occurrences, are the sound qualities themselves. The same applies to the other sensory qualities. We recognize the content of the oscillating movements of the phenomenal world through direct introspection, not through the addition of abstract matter to the phenomena.
7.
[ 29 ] I know that with these views I am expressing something that sounds quite impossible to the physicist's ears of the present day. But I cannot take the standpoint of Wundt, who in his "Logic" (11th vol., 1st ed. [2nd ed. 1894]) presents the habits of thought of modern natural scientists as binding logical norms. The thoughtlessness of which he is guilty becomes particularly clear at the point where he discusses Ostwald's attempt to replace matter in motion with energy in oscillating motion. Wundt argues the following: "It follows ... from the existence of interference phenomena the necessity of the presupposition of some oscillating motion. But since motion is inconceivable without a substrate that moves, the derivation of light phenomena from a mechanical process is also an unavoidable requirement. However, Ostwald tried to avoid the latter assumption by not tracing the ˂radiating energy˃ back to the vibrations of a material medium, but by defining it as an energy in oscillating motion. It is precisely this double concept, composed of a descriptive and a purely conceptual component, that seems to me to prove conclusively that the concept of energy itself requires a decomposition that leads back to elements of perception. A real movement can only be defined as the change of position of a real substrate given in space. This real substrate can only reveal itself to us through force effects that emanate from it, or through force functions that we regard it as the carrier of. But that such merely conceptually fixable force-functions themselves move, this seems to me to be a requirement that cannot be fulfilled without thinking of some substrate." [op. cit., p. 410]
[ 30 ] Ostwald's concept of energy is much closer to reality than Wundt's supposedly "real" substrate. The phenomena of the world of perception, light, heat, electricity, magnetism, etc., can be brought under the general concept of power, i.e. energy. When light, heat, etc. cause a change in a body, a power is thereby accomplished. When we refer to light, heat, etc. as energy, we have left aside what is specific to the individual sensory qualities and consider a general property common to them.
[ 31 ] This property does not exhaust everything that is present in the things of reality; but it is a real property of these things. The concept of properties, on the other hand, which the matter hypothesized by physicists and their philosophical defenders is supposed to have, includes a nonsense. These properties are borrowed from the sensory world and yet are supposed to be attributed to a substrate that does not belong to the sensory world.
[ 32 ] It is incomprehensible how Wundt can claim that the concept of "radiant energy" is impossible because it contains a conceptual and a conceptual component. The philosopher Wundt therefore does not realize that every concept that refers to a thing of sensory reality must necessarily contain a descriptive and a conceptual component. The term "rock salt cube" has the visual component of the sensually perceptible rock salt and the other purely conceptual component that stereometry establishes.
8.
[ 33 ] The development of natural science in recent centuries has led to the destruction of all ideas by which this science can be part of a conception of the world that satisfies higher human needs. It has led "modern" scientific minds to call it absurd to say that concepts and ideas belong to reality just as much as the forces acting in space and the matter filling space. To these minds, concepts and ideas are a product of the human brain and nothing more. Even the scholastics knew how this matter stood. But scholasticism is despised by modern science. It is despised, but it is not known. Above all, we do not know what is healthy and what is sick about scholasticism. What is healthy about it is that it had a feeling for the fact that concepts and ideas are not just figments of the human mind's imagination in order to understand real things, but that they have something, indeed more, to do with the things themselves than substance and force. This healthy feeling of the scholastics is an heirloom of the great worldview perspectives of Plato and Aristotle. What is ill about scholasticism is the mixture of this perception with the ideas that entered into the medieval development of Christianity. This development finds the source of everything spiritual, including concepts and ideas, in the unknowable, because otherworldly, God. It requires faith in something that is not of this world. Healthy human thinking, however, sticks to this world. It cares for no other. But at the same time it spiritualizes this world. It sees realities of this world in concepts and ideas as well as in things and events that can be perceived by the senses. Greek philosophy is an outgrowth of this healthy thinking. Scholasticism still absorbed an inkling of this healthy thinking. But it strove to reinterpret this intuition in the sense of the belief in the hereafter, which was regarded as Christian. It was not the concepts and ideas that were to be the most profound thing that man saw in the processes of this world, but God, the hereafter. Whoever has grasped the idea of a thing is not compelled to search for a further "origin" of the thing. He has achieved what satisfies the human need for knowledge. But what did the scholastics care about the human need for knowledge? They wanted to save what they saw as the Christian concept of God. They wanted to find the origin of the world in the otherworldly God, although their search for the interior of things only provided them with concepts and ideas.
9.
[ 34 ] In the course of the centuries, Christian ideas became more effective than the dark sensations inherited from Greek antiquity. People lost their sense of the reality of concepts and ideas. But they also lost faith in the spirit itself. The worship of the purely material began: the era of Newton in natural science began. Now there was no longer any talk of the unity underlying the diversity of the world. Now all unity was denied. Unity was degraded to a "human" concept. Only multiplicity, diversity, was seen in nature. It was this general basic idea that tempted Newton to see not an original unity in the light, but a composite. Goethe set out part of the development of scientific ideas in his "Materials for the History of the Theory of Colors". It can be seen from his account that the more recent natural science has arrived at unhealthy views in the theory of color due to the general ideas it uses to understand nature. This science has lost the understanding of what light is within the series of natural qualities. That is why it does not know how light appears colored under certain conditions, how color arises in the realm of light.