Posthumous Essays and Fragments
1879-1924
GA 46
Manuscript for Johanna von Keyserlinck, undated
Automated Translation
142. To Johanna von Keyserlinck: “Gralburg”
The will that works in the innermost part of the human soul is a treasure in which one must trust; one must cherish it and care for it and not allow it to become unfree. All treasures that come to man in a supersensible way are to be received by him in grace; but they must not make the will a prisoner and carry it away with them, so that it loses power over itself.
Christ approaches man, but He respects free will. He does not place Himself in front of the soul and say: you must do this or that, but He shows the beauty and goodness of an act and then allows man to be uplifted by this beauty and goodness and man can “follow”.
From the right position towards free will follows the right power of love.
In the story: The knight should not be stopped on his way by the others he met, but they saw that his will was not free, and they wanted to give him nothing but free will.
A knight stormed a path there. He met a glowing figure. He found himself trying to ask her what she wanted from him. She said, “I will not tell you what I want; but since you see me, you will do what I want.” And he did what she wanted at first. He followed her wherever she led him. He came to a mountain, the shape grew larger and larger and finally filled the whole room with golden light. But the knight could not grasp anything. In the all-encompassing light, a dark shape stood out, not of light gold; it was of heavy iron. She willingly spoke when the knight asked, “What do you want from me?” She did not refuse to answer like the other. But she said: “Look, I will give you piece by piece of what I have collected in the depths of the earth. Grasp one piece at a time and connect it to what you are yourself. It will take you a long time.” And the knight did so. It took him a long time. But at last he felt that he had become quite strong. And as if of his own accord he was led back to the mountain, where the first figure had placed him. But now he could grasp what he had not been able to grasp before: the golden light united with his heavy iron and became love in him.
142. Zu Johanna von Keyserlinck: «Gralburg»
Der im Innersten der Menschenseele wirkende Wille ist ein Schatz, auf den man vertrauen muss; man muss ihn hegen und pflegen und ihn nicht unfrei werden lassen. Alle Schätze, die dem Menschen auf übersinnlichem Wege zukommen, soll er in Gnade empfangen; aber sie dürfen nicht den Willen zum Gefangenen machen und mit ihm forteilen, sodass er die Macht über sich selbst verliert.
Christus tritt an den Menschen heran, aber er lässt den freien Willen gelten. Er stellt sich vor die Seele hin nicht so, dass er sagt: du musst dies oder jenes tun, sondern er zeigt die Schönheit und Güte einer Tat und lässt dann den Menschen sich erbauen an dieser Schönheit und Güte und der Mensch kann «nachfolgen».
Aus der rechten Stellung zum freien Willen folgt die rechte Kraft der Liebe.
In der Erzählung: Der Ritter sollte von den andern, die er traf, nicht auf seinem Wege aufgehalten werden, sondern diese sahen, dass sein Wille nicht frei war, und sie wollten ihm nichts anderes geben als den freien Willen.
Ein Ritter stürmte einen Weg dahin. Er traf eine leuchtende Gestalt. Er fand sich bemüfigt, sie zu fragen, was sie von ihm wolle. Sie sagte: Ich sage dir nicht, was ich will; aber da du mich siehst, tust du, was ich will. Und er tat zuerst, was sie wollte. Er folgte ihr, wohin sie ihn zunächst führte. Er kam auf einen Berg, die Gestalt wurde immer größer und sie erfüllte zuletzt mit goldigem Licht den ganzen Raum. Der Ritter aber konnte nichts fassen. Im alles erfüllenden Lichte hob sich eine dunkle Gestalt ab, die war nicht von lichtem Gold; sie war von schwerem Eisen. Sie sprach willig, als der Ritter fragte: Was willst du von mir. Sie versagte nicht die Antwort wie die andere. Aber sie sagte: Sieh, ich gebe dir Stückchen um Stückchen von dem, was ich gesammelt habe in den Tiefen der Erde. Ergreife ein Stückchen nach dem andern und verbinde es mit dem, was du selbst bist. Du wirst lange brauchen. Und der Ritter tat so. Er brauchte lange. Zuletzt aber fühlte er sich ganz stark geworden. Und wie von selbst ward er wieder auf den Berg geführt, da ihn die erste Gestalt hingestellt hatte. Jetzt aber konnte er fassen, was er früher nicht hat fassen können: Das goldene Licht verband sich mit seinem schweren Eisen und ward in ihm Liebe.