Posthumous Essays and Fragments
1879-1924
GA 46
Memo 5446-5448, undated, around 1918.
Automated Translation
97. On the Current Economic Situation
At this moment, nothing can be achieved with mere abstract programs. What matters is to address the instincts of the masses, which assert themselves with elemental force, and to organize through their honest and truthful shaping that which the bourgeoisie, in the time when it was the leading section of the population, neglected to organize. But action in this direction can now, at this moment, only be based on personal thought and action that directly encompasses the individual concrete situations. Above all, it requires an understanding of what lives in the masses. The classes that have been leading up to now have neglected everything in order to gain this understanding. They have missed every opportunity to interact with the proletarian classes at the moment when they awaken to self-awareness of their personalities. And as long as there is still a belief in the bourgeoisie that one can do something in the necessary development if one takes one's ideas of social order according to the way of thinking of the previously valid education and science, then one will only drive into the destruction. Socialists have these ideas drummed into them by bourgeois science, literature and the press. They swear by everything they have inherited intellectually from the old ruling classes, as if it were infallible. They just draw different conclusions from these ideas than the bourgeoisie. Only by speaking a completely new language can anything be achieved. For the time being, the continuity of economic life must be assured by the leading personalities in the economic bodies not excluding themselves by their lack of understanding from the councils that are being formed, for example in education, but, insofar as they are inclined to speak the language of the new era, including themselves in it. No one who is a leader in economic life need do anything other than voluntarily place himself within the proletarian formations in the position to which his insights into economic management will easily lead him if he has an understanding of the instincts of the masses. But he must not believe that this understanding will come to him “by itself.” The proletariat has, over decades, absorbed ideas about capital, wages, surplus value, class struggle, and materialist historiography. Many a proletarian today knows more about these things than a university economist, or especially than a statesman. While the proletarians were absorbing these things in their evening meetings, the bourgeoisie were playing cards, reading newspapers or watching “entertaining” theater performances. The proletarian knows this. That is why it is difficult to gain his trust. Of course, he will not simply accept the bourgeois into the order he wants to establish when they declare themselves ready to sit with him. They have to behave in such a way that he can see they will be useful to him. They do not have to conform to him, but they have to apply their knowledge and skills, and they have to decide to engage with the way of thinking that he has about entrepreneurial profit, rent and wages. The proletarian wants to paralyze the harmful characteristics of these three types of economic values for his understanding by socializing all means of production. It is necessary to show him how these three types of values can function in the economic process so that entrepreneurial profit never goes to a private sector, rent never flows into an economic channel other than that of intellectual life and support for the disabled, and wages can never be less than the proceeds of labor – less the entrepreneurial share that does not flow into the private sector and the necessary rent share as defined above. By communicating with the proletariat about these things, one must at the same time achieve an understanding of the radical reorganization of the entire educational system. It is necessary to create an understanding of the necessity for this revolution to precede the building of a new economic life. And one must know how to secure the free individuality of movement in this area. To do this, it is necessary that all educational monopolies come to an end and that in the field of intellectual life, completely free private mobility and competition enter into their full possibilities. Free competition and private freedom in the intellectual field can only be realized under the coming conditions if the intellectual sphere remains within its own field and does not, for example, by the use and exploitation of entrepreneurial profit or rent, want to put the intellectual sphere in the service of the material, especially in the service of financial speculation. —
97. Über das gegenwärtige Wirtschaftsleben
Mit bloß abstrakten Programmen ist in diesem Augenblicke nichts zu erreichen. Worauf es ankommt, das ist mit einem auf das Wirkliche gerichteten Denken einzugehen auf die Massen-Instinkte, die sich mit elementarischer Gewalt geltend machen, und durch deren ehrliche und wahrhaftige Gestaltung das zu organisieren, was das Bürgertum in der Zeit, in der es der führende Bevölkerungsteil war, zu organisieren unterlassen hat. Ein in dieser Richtung geschehendes Wirken kann aber jetzt in diesem Augenblicke nur auf dem persönlichen, die einzelnen konkreten Situationen unmittelbar überschauenden Denken und Handeln beruhen. Verständnis dessen, was in den Massen lebt, das ist vor allem nötig. Die bisher führenden Klassen haben alles versäumt, um sich dieses Verständnis zu erwerben. Sie haben jede Gelegenheit versäumt, um mit den proletarischen Klassen in dem Zeitpunkte zusammenzuwirken, in dem diese zum Selbstbewusstsein der Persönlichkeiten erwachen. Und so lange im Bürgertum noch selbst der Glaube vorhanden ist, dass man in der notwendig werdenden Entwicklung etwas machen kann, wenn man seine Vorstellungen von sozialer Ordnung nach der Denkweise der bisher geltenden Erziehung und Wissenschaft nimmt, so lange wird man nur in die Zerstörung hineintreiben. Den Sozialisten werden diese Vorstellungen eingebläut durch die bürgerliche Wissenschaft und die bürgerliche Literatur und Presse. Die Sozialisten schwören als auf etwas Unfehlbares auf alles das, was sie geistig von den alten führenden Klassen ererbt haben. Sie ziehen nur andere Konsequenzen aus diesen Vorstellungen als das Bürgertum. - Nur durch das Führen einer ganz neuen Sprache kann etwas erreicht werden. Für den Augenblick müsste die Kontinuität des Wirtschaftslebens gesichert werden dadurch, dass sich nicht durch Unverständigkeit die in den Wirtschaftskörpern führenden Persönlichkeiten von den etwa in Bildung begriffenen Räten ausschließen, sondern, insoferne sie geneigt sind, die Sprache der neuen Zeit zu sprechen, sich darin einschließen. Kein im Wirtschaftsleben Führender braucht etwas anderes zu tun, als sich selbst freiwillig innerhalb der proletarischen Bildungen an die Stelle hinzuordnen, an die er sich durch seine Einblicke in die Wirtschaftsführung leicht gestellt finden wird, wenn er Verständnis für die Massen-Instinkte hat. Aber er darf nicht glauben, dass ihm dieses Verständnis «von selbst» kommt. Das Proletariat hat durch Jahrzehnte Vorstellungen über Kapital, Lohn, Mehrwert, Klassenkampf, materialistische Geschichtswissenschaft aufgenommen. Mancher Proletarier weiß heute über diese Dinge mehr als ein Universitätsnationalökonom, oder namentlich als ein Staatsmann. Das Bürgertum hat, während die Proletarier in ihren Abendversammlungen diese Dinge aufnahmen, Karten gespielt, Zeitungen gelesen oder «unterhaltende» Theateraufführungen angesehen. Das weiß der Proletarier. Deshalb ist es schwer, sein Vertrauen zu gewinnen. Er wird natürlich nicht darauf eingehen, die Bourgeois jetzt einfach in die Ordnung zu übernehmen, die er machen will, wenn diese sich zu ihm zu setzen erklären. Sie müssen sich so verhalten, dass er sehen kann, sie werden für ihn brauchbar sein. Sie müssen nicht sich zu ihm fügen, sondern ihre Kenntnisse, ihre Geschicklichkeit, und sie müssen sich entschließen, auf die Denkweise einzugehen, die er hat über Unternehmergewinn, Rente und Arbeitslohn. Die für sein Verständnis schädlichen Charaktere dieser drei Gattungen von volkswirtschaftlichen Werten will der Proletarier paralysieren durch die Vergesellschaftung der sämtlichen Produktionsmittel. Man muss ihm zeigen, wie diese drei Gattungen von Werten im volkswirtschaftlichen Prozess funktionieren können, sodass der Unternehmergewinn nie Erwerb für eine Privatwirtschaft, die Rente nie in einen andern volkswirtschaftlichen Kanal als die des geistigen Lebens und der Unterstützung der Arbeitsunfähigen fließen, der Lohn nie geringer sein kann als das Arbeitserträgnis - weniger dem nicht ins Privatwirtschaftliche fließenden Unternehmungsanteil und dem im obigen Sinne notwendigen Rentenanteil. Indem man sich über diese Dinge mit dem Proletariat verständigt, muss man zugleich erreichen, dass Verständnis aufgeht für eine radikale Neugestaltung des gesamten Erziehungs- und Bildungswesens. Man muss Einsicht in die Notwendigkeit hervorrufen, dass diese Umwälzung dem Aufbau eines neuen Wirtschaftslebens vorangehen muss. Und man muss der freien Individualität auf diesem Gebiete ihre Bewegung zu sichern wissen. Dazu ist notwendig, dass alle Bildungsmonopole aufhören und auf dem Gebiete des geistigen Lebens völlig freie private Beweglichkeit und Konkurrenz in ihre vollen Möglichkeiten treten. Die freie Konkurrenz und private Freiheit auf geistigem Gebiete kann unter den kommenden Verhältnissen nur verwirklicht werden, wenn das Geistige innerhalb seines eigenen Feldes verbleibt und nicht will, z.B. durch die Verwendung und Verwertung des Unternehmergewinnes oder der Rente im Sinne privaten Erwerbes, das Geistige in den Dienst des Materiellen, namentlich nicht in den Dienst der finanziellen Spekulation stellen. —