Collected Essays on Cultural and Contemporary History 1887–1901
GA 31
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73. On the Freedom of Teaching
The words spoken a few days ago by the newly elected Rector of Heidelberg University to the students as they presented him with the customary torchlight procession deserve to be heard in the widest circles. We have heard so often in recent weeks that professors are civil servants of the state and that governments must treat them accordingly. What can a reactionary government do with such a demand? Any university teacher who takes a stand that is contrary to the regressive sense or even just the ignorance of those in power can be persecuted as a recalcitrant civil servant. The freedom of teaching and learning guaranteed to universities can simply be abolished by this demand. Professor Paulsen recently pointed out in the "Preußische Jahrbücher" that professor comes from profiteri, i.e. "to confess publicly". The rector of Heidelberg, Professor Osthoff, agrees with him. All progress in science depends on the freedom to teach and learn. Only if the university teacher can publicly confess the results of his science can he fulfill his profession in the higher sense. If any of these results run counter to the interests of a state, then the state must reform itself according to science. From the achievements of intellectual life, new lifeblood must always be supplied to the social institutions. Osthoff emphasizes that the necessary counterpart to freedom of teaching is the freedom to teach. Where is this freedom to teach supposed to lead if the teacher has to look to those in power with every word? Osthoff's speech fell like a bright ray of sunshine into our circle of vision, which is darkened on all sides by the powers of darkness. We can hear the sentiment in it: You should obey free research more than state interests! We must wish the Rector of Heidelberg comrades with this attitude. In the long run, the reactionary powers will not be able to stand up to the courage of university teachers and the independence of free researchers. Even the churches have never been able to extinguish the lights that intellectual progress has kindled. What we need most of all in the spiritual professions are men who profess freedom because they love freedom. Speaking of ministries of the spirit and serving reaction is something our professors should leave to the "statesmen".
73. Über Den Lehrfreimut
In den weitesten Kreisen gehört zu werden verdienen die Sätze, die vor einigen Tagen der neugewählte Rektor der Heidelberger Universität zu den Studenten gesprochen hat, als sie ihm den üblichen Fackelzug darbrachten. Wir haben es ja in den letzten Wochen so oft hören müssen, daß die Professoren Beamte des Staates seien und daß die Regierungen sie demgemäß behandeln müßten. Was kann eine reaktionäre Regierung mit einer solchen Forderung alles machen? Jeder Universitätslehrer, der auf einem Standpunkt steht, welcher dem rückschrittlichen Sinn oder auch nur dem Unverstand der Machthaber zuwider ist, kann als widerspenstiger Beamter verfolgt werden. Die den Universitäten gewährleistete Lehrund Lernfreiheit kann durch diese Forderung einfach aus der Welt geschafft werden. Kürzlich hat Professor Paulsen in den «Preußischen Jahrbüchern» darauf hingewiesen, daß Professor von profiteri stammt, d.i. von «öffentlich bekennen». Mit ihm erklärt sich der Heidelberger Rektor, Professor Osthoff, einverstanden. Aller Fortschritt der Wissenschaft hängt an der Lehr- und Lernfreiheit. Nur wenn der Universitätslehrer öffentlich bekennen kann, was ihm seine Wissenschaft als Resultat geliefert hat, kann er seinen Beruf im höheren Sinne erfüllen. Läuft irgend eines dieser Resultate den Interessen eines Staates zuwider, so hat der Staat sich nach der Wissenschaft zu reformieren. Aus den Errungenschaften des geistigen Lebens müssen den gesellschaftlichen Einrichtungen immer neue Lebenssäfte zugeführt werden. Osthoff betont, daß das notwendige Gegenstück zur Lehrfreiheit der Lehrfreimut ist. Wohin soll dieser Lehrfreimut gelangen, wenn der Lehrer bei jedem Wort hinschielen muß nach den Machthabern? Wie ein heller Sonnenstrahl fiel die Rede Osthofts in unseren allseitig von den Mächten der Finsternis verdunkelten Gesichtskreis hinein. Wir hören aus ihr die Gesinnung heraus: Ihr sollt der freien Forschung mehr gehorchen als den staatlichen Interessen! Genossen in dieser Gesinnung muß man dem Heidelberger Rektor wünschen. Gegen den Freimut der Hochschullehrer, gegen den Unabhängigkeitssinn der freien Forscher werden die reaktionären Gewalten auf die Dauer nicht bestehen können. Auch die Kirchen haben die Lichter, die der geistige Fortschritt entzündet hat, niemals verlöschen können. Am allermeisten brauchen wir in den geistigen Berufen Männer, die die Freiheit bekennen, weil sie die Freiheit lieben. Von Ministerien des Geistes sprechen und der Reaktion dienen, das sollten unsere Professoren den «Staatsmännern» überlassen.