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The Rudolf Steiner Archive

a project of Steiner Online Library, a public charity

Collected Essays on Cultural and Contemporary History 1887–1901
GA 31

Automated Translation

26. Essays from "Deutsche Wochenschrift"

The Week of June 21-27, 1888

On Monday Wilhelm II spoke to the German people in the Reichstag and on Wednesday in the Prussian House of Representatives. They were words that are capable of creating clarity in every direction. The new ruler proclaimed that he was determined "as Emperor and King to follow the same paths on which his blessed grandfather had found the trust of his allies, the love of the German people and the benevolent recognition of foreign countries". For us Germans in Austria, the Emperor's words about the German-Austrian alliance are of particular importance: "Our alliance with Austria-Hungary is generally known. I adhere to it with German loyalty, not merely because it has been concluded, but because I see in this defensive alliance a basis of European equilibrium, as well as a legacy of German history, the content of which is supported today by the public opinion of the entire German people and corresponds to the traditional European law of nations, as it was undisputedly valid until 1866." These words emanate from a profound understanding of the circumstances, so in keeping with the spirit of Germanness and its historical development, that they must make a strong impression on every German and evoke deep satisfaction. The Emperor's declarations on foreign policy are thoroughly reassuring. Everywhere in Europe the words of the new ruler of the Germans were greeted in the most sympathetic manner.

The Austro-Hungarian delegations have almost finished their work. The Austrian delegation has already completed all the bills in the second reading, and the 47 million credit requested for extraordinary army expenses has been adopted unanimously. It will therefore probably be possible to conclude the session on Thursday. Against the 47 million credit, the delegates argued that in future those expenses which are to be regarded as permanent should be included in the ordinary army requirement, and that the lump-sum credits, which are beyond the control of the parliament, should not become too high. Apponyi's words in the Hungarian delegation concerning the transformation of Austria's passive policy on the Balkan question into an active one are noteworthy. Austria-Hungary should not sit back and watch Russia's policy on the Balkan peninsula, but should use all its influence to bring about legal recognition of the actual existing conditions. Kalnoky's speech in the delegations' budget debate, which firmly denied that Austria was thinking of any conquests on the Balkan peninsula, caused a change of attitude against Austria in Greece, where it had not been understood until then that Russia and not Austria was the enemy of the free development of the Balkan peoples.

Prince Ferdinand of Bulgaria is still facing the condemnation of Popov as an unresolved issue. The latest news seems to indicate that the matter will be resolved without a ministerial crisis.

The Boulangists are divided among themselves, Michelin and his comrades will henceforth only follow the General if he accepts the radical program they have drawn up. The French Council of Ministers rejected the Institut de France's request to lift the Duc d'Aumale's banishment.

In Spain, the Chamber rejected an amendment concerning Spain's official participation in the Paris Universal Exhibition.

On June 8, the House of Lords passed the Salisbury Bill to reform the House of Lords. The Bill empowers the Queen to appoint no more than five peers for life each year, three of whom must have held a senior position of state and the remaining two must otherwise be of public importance. The total number of peers may never exceed fifty.

In Belgrade on June 24, at the banquet organized in honour of the Cabinet, King Milan made a toast containing remarkable political statements. The King said that only the errors committed in Serbia's politics in the last seventy years have recently led to the dismissal of a ministry based on the trust of the people.

Aufsätze aus «Deutsche Wochenschrift»

Die Woche, 21.-27. Juni 1888

Montag hat Wilhelm II. im Reichstag und Mittwoch im Preußischen Abgeordnetenhause zu dem deutschen Volke gesprochen. Es waren Worte, die nach jeder Richtung hin Klarheit zu schaffen geeignet sind. Der neue Herrscher hat verkündet, daß er entschlossen sei, «als Kaiser und König dieselben Wege zu wandeln, auf denen sein hochseliger Herr Großvater das Vertrauen seiner Bundesgenossen, die Liebe des deutschen Volkes und die wohlwollende Anerkennung des Auslandes gefunden hat». Für uns Deutsche in Österreich sind die Worte des Kaisers über das Deutsch-Österreichische Bündnis von ganz besonderer Bedeutung: «Unser Bündnis mit Österreich-Ungarn ist allgemein bekannt. Ich halte an demselben mit deutscher Treue fest, nicht bloß, weil es geschlossen ist, sondern weil ich in diesem defensiven Bunde eine Grundlage des europäischen Gleichgewichtes erblicke, sowie ein Vermächtnis der deutschen Geschichte, dessen Inhalt heute von der öffentlichen Meinung des gesamten deutschen Volkes getragen wird und dem herkömmlichen europäischen Völkerrechte entspricht, wie es bis 1866 in unbestrittener Geltung war.» Diese Worte gehen aus einer tiefen, dem Geiste des Deutschtums und seiner geschichtlichen Entwicklung so entsprechenden Auffassung der Verhältnisse hervor, daß sie wohl in jedem Deutschen einen starken Eindruck machen und tiefe Befriedigung hervorrufen müssen. Die Erklärungen des Kaisers über die äußere Politik sind durchaus beruhigend. Überall in Europa wurden die Worte des neuen Herrschers der Deutschen in der sympathischsten Weise begrüßt.

Die österreichisch-ungarischen Delegationen sind mit ihren Arbeiten fast zu Ende. Die österreichische hat schon sämtliche Vorlagen in zweiter Lesung erledigt, der für außerordentliche Heeresauslagen beanspruchte 47 Millionen-Kredit ist einstimmig angenommen worden. Der Schluß der Session wird daher wahrscheinlich schon Donnerstag möglich sein. Gegen den 47 Millionen-Kredit wurde von Seite der Delegierten geltend gemacht, daß man in Hinkunft doch jene Auslagen, die als ständige zu betrachten sind, in das ordentliche Heereserfordernis aufnehmen soll, und daß die für die Volksvertretung unkontrollierbaren Pauschalkredite nicht zu hoch werden sollen. Bemerkenswert sind die Worte Apponyis in der ungarischen Delegation betreffs der Umwandlung der passiven Politik Österreichs in der Balkanfrage in eine aktive. Österreich-Ungarn dürfe nicht ruhig zusehen, wie Rußland auf der Balkan-Halbinsel Politik mache, sondern müsse seinen ganzen Einfluß einsetzen, um die tatsächlich derzeit bestehenden Verhältnisse zur rechtlichen Anerkennung zu bringen. Kalnokys Rede in der Budgetdebatte der Delegationen, welche entschieden in Abrede stellte, daß Österreich an irgendwelche Eroberungen auf der Balkan-Halbinsel denke, hat in Griechenland einen Umschwung der Gesinnungen gegen Österreich hervorgerufen, wo man bisher nicht verstand, daß Rußland und nicht Österreich der Feind der freien Entwicklung der Balkanvölker ist.

Fürst Ferdinand von Bulgarien steht noch immer der Verurteilung Popows als einer ungelösten Frage gegenüber. Die letzten Nachrichten scheinen doch darauf hinzudeuten, daß die Sache ohne Ministerkrisis abgehen wird.

Die Boulangisten sind untereinander uneinig, Michelin und Genossen werden fortan nur dann dem General folgen, wenn er das von ihnen ausgearbeitete radikale Programm annimmt. Der französische Ministerrat hat die vom Institut de France angesuchte Aufhebung der Verbannung des Duc d’Aumale abgelehnt.

In Spanien verwarf die Kammer ein Amendement betreffend die offizielle Beteiligung Spaniens an der Pariser Weltausstellung.

Das englische Oberhaus hat am ı8. Juni die Salisbury-Bill zur Reform des Oberhauses angenommen. Die Bill ermächtigt die Königin, jährlich nicht mehr als fünf Peers auf Lebenszeit zu ernennen, von denen drei eine höhere Staatsstellung innegehabt, die übrigen zwei sonst eine öffentliche Bedeutung haben müssen. Die Gesamtzahl der Peers darf niemals fünfzig überschreiten.

In Belgrad brachte König Milan am 24. Juni bei dem zu Ehren des Kabinetts veranstalteten Festdiner einen Trinkspruch aus, der bemerkenswerte politische Äußerungen enthält. Der König sagte, daß nur die in den letzten siebzig Jahren begangenen Irrtümer in der Politik Serbiens es in letzter Zeit zur Entlassung eines auf das Vertrauen des Volkes gestützten Ministeriums gebracht haben.