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The Rudolf Steiner Archive

a project of Steiner Online Library, a public charity

Collected Essays on Cultural and Contemporary History 1887–1901
GA 31

Automated Translation

23. Essays from "Deutsche Wochenschrift"

The Week of May 31-June 6, 1888

The crisis in Prussia

Emperor Frederick's reservations about signing the law on the extension of legislative terms in Prussia led to a Puttkamer crisis, which is likely to remain a crisis and not, as some claim, lead to a crisis of the entire ministry. The publication of the law depends on the position that Mr. v. Puttkamer takes with regard to the letter addressed to him by the Emperor, in which he is asked to comment on the election interference brought forward in the House of Representatives.

In this letter, the Emperor seems to want to counterbalance the law by taking a stand against electoral interference. This letter is to be published at the same time as the law on legislative periods. The outcome of the crisis cannot be foreseen at the moment, as the Chancellor's position on the issue can only be guessed at.

The Boulanger hype

The day before yesterday (June 4), Boulanger presented his long-announced request for constitutional revision in the French Chamber and asked for it to be made urgent. The words with which he supported his proposal did not rise above the most ordinary democratic phrases. The republic should not be the property of coteries, but the common property of all. Not the members of the Chamber, who only represent the interests of certain circles, but he was the true interpreter of the will of the people. He was in favor of abolishing the presidency. The ministers should only be responsible to the head of state. The Chamber should only make laws, but not govern. He would see the Senate, which meant nothing, disappear without regret. After a speech by Floquet, who rejected the haughty language of the General, who spoke like Bonaparte returning home from his victories, the urgency of the motion was rejected by 335 votes to 170.


Emperor Frederick left for Potsdam on ı. June to Potsdam. There is good news about his health this time too.

The debate on the Spirits Tax Act began in the Austrian House of Representatives on May 29. It was adopted on June 5 with a majority of 30 votes, thus creating a law that will be an oppressive burden for the lower classes of the population and at the same time will bring the country of Galicia (as compensation for those entitled to propaganda there) a gift of one million a year. Saturday, June 9, the delegations gather in Pest. The Chamber of Deputies concluded its sessions on the 5th.

The Tisza affair was brought to a provisional conclusion when Goblet informed the Chamber of Kalnoky's and Tisza's statements, both of which asserted that there could be no question of any violation of France. Goblet gave a well-received speech that explained the peaceful nature of French policy, but also spoke of the determination with which the French would defend their national dignity against anyone.

On the occasion of the name day of Prince Ferdinand of Bulgaria, a great revue took place and the population gave the Prince and Princess Clementine an ovation.

In these days the so-called Trans-Caspian Railway has been opened to traffic, which makes it possible to cover the distance from the Black Sea to Samarkand in four days. There is no doubt that this railroad opens up new routes for Russia's trade, but it is questionable whether any ulterior political motives were excluded during its construction.

Aufsätze aus «Deutsche Wochenschrift»

23. Die Woche, 31. Mai-6. Juni 1888

Die Krisis in Preußen

Aus den Bedenken, die Kaiser Friedrich gegen die Unterzeichnung des Gesetzes über die Verlängerung der Legislaturperioden in Preußen hat, entwickelte sich eine PuttkamerKrise, die voraussichtlich auch eine solche bleiben und nicht, wie man von mancher Seite behauptet, zu einer Krisis des Gesamtministeriums führen wird. Die Publikation des Gesetzes hängt von der Stellung ab, die Herr v. Puttkamer dem an ihn gerichteten Schreiben des Kaisers gegenüber einnimmt, worin er aufgefordert wird, sich über die im Abgeordnetenhause vorgebrachten Wahlbeeinflussungen zu äußern.

In diesem Schreiben scheint der Kaiser dadurch, daß er gegen die Wahlbeeinflussung Stellung nimmt, dem Gesetze ein Gegengewicht entgegensetzen zu wollen. Dieses Schreiben soll gleichzeitig mit dem Legislaturperioden-Gesetz veröffentlicht werden. Welchen Ausgang die Krisis nehmen wird, ist augenblicklich nicht abzusehen, da man über die Stellung des Kanzlers der Frage gegenüber nur Vermutungen haben kann.

Der Boulanger-Rummel

Vorgestern (4. Juni) stellte Boulanger in der französischen Kammer seinen schon seit längerer Zeit angekündigten Antrag auf Verfassungsrevision und begehrte die Dringlichkeit desselben. Die Worte, mit denen er seinen Vorschlag unterstützte, erhoben sich nicht über die gewöhnlichsten demokratischen Phrasen. Die Republik soll nicht das Eigentum von Koterien, sondern das Gemeingut aller sein. Nicht die Kammermitglieder, die nur das Interesse gewisser Kreise vertreten, sondern er sei der rechte Interpret des Volkswillens. Er sei für die Abschaffung der Präsidentschaft. Die Minister sollen nur dem Staatschef verantwortlich sein. Die Kammer solle nur Gesetze geben, aber nicht regieren. Er würde ohne Bedauern den Senat verschwinden sehen, der nichts bedeute. Nach einer Rede Floquets, der die hochmütige Sprache des Generals, der wie Bonaparte von seinen Siegen heimkehrend sprach, zurückwies, wurde die Dringlichkeit des Antrages mit 335 gegen 170 Stimmen verworfen.


Kaiser Friedrich reiste am ı. Juni nach Potsdam ab. Über sein Befinden ist auch diesmal Gutes zu sagen.

Im Österreichischen Abgeordnetenhaus begann am 29. Mai die Debatte über das Branntweinsteuergesetz. Dasselbe wurde am 5. Juni mit einer Majorität von 30 Stimmen angenommen, und damit ist ein Gesetz geschaffen, das den unteren Schichten der Bevölkerung eine drückende Last sein wird und das zugleich dem Lande Galizien (als Entschädigung der dortigen Propinationsberechtigten) ein Geschenk von jährlich einer Million bringen wird. Samstag, den 9. Juni, versammeln sich in Pest die Delegationen. Das Abgeordnetenhaus beschloß am 5. seine Sitzungen.

Die Tisza-Affäre hat vorläufig damit einen Abschluß gefunden, daß Goblet der Kammer die Erklärungen Kalnokys und Tiszas mitgeteilt hat, die beide versichern, daß von einer Verletzung Frankreichs nicht die Rede sein könne. Goblet hielt dabei eine beifällig aufgenommene Rede, die den friedlichen Charakter der französischen Politik darlegte, aber auch von der Entschlossenheit sprach, mit der die Franzosen ihre nationale Würde gegen jeden verteidigen werden.

Anläßlich des Namenstages des Prinzen Ferdinand von Bulgarien fand eine große Revue statt, und es brachte die Bevölkerung dem Fürsten und der Prinzessin Clementine Ovationen dar.

In diesen Tagen ist die sogenannte transkaspische Eisenbahn dem Verkehr übergeben worden, die die Möglichkeit bietet, die Strecke vom Schwarzen Meer bis Samarkand in vier Tagen zurückzulegen. Daß diese Bahn dem Handel Rußlands neue Wege eröffnet, ist zweifellos, ob aber bei dem Baue jeder politische Hintergedanke ausgeschlossen war, ist fraglich.